EU-Lieferkettengesetz: BDE sieht Abfall- und Entsorgungsbranche vernachlässigt

Verband moniert fehlende sektorspezifische Ausnahmeregelungen

18.12.2023

Der BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft hat mit Zurückhaltung auf das EU-Lieferkettengesetz reagiert.

„Das EU-Lieferkettengesetz ist sicherlich gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Für die Unternehmen der Abfall- und Recyclingwirtschaft, die ausdrücklich in die Regelung mit einbezogen sind, dürften diese vorläufigen Regelungen nicht umsetzbar sein. Es ist faktisch unmöglich, den konkreten Ursprung von importiertem Abfall zu ermitteln“, erklärte BDE-Präsident Peter Kurth am Montag in Berlin.

Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten hatten sich am Donnerstag auf die Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD, so die offizielle Bezeichnung des EU-Lieferkettengesetzes, geeinigt. Anfang 2022 schlug die Europäische Kommission die Richtlinie vor, die großen Unternehmen für ihre Lieferketten mit Blick auf Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung in die Pflicht nimmt. Dabei sind sie verpflichtet, die Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf Menschenrechte sowie auf die Umwelt zu ermitteln und auf etwaige Verstöße zu reagieren. Außerdem legt das Regelwerk fest, dass Geschäftsmodell und -strategie der betroffenen Unternehmen im Einklang mit dem 1,5°C-Ziel des Pariser Klimaabkommens stehen müssen. Für Entsorgungsunternehmen bedeutet das konkret, dass auch bei Abfall die Herkunft über die gesamte Wertschöpfungskette nachgewiesen werden muss.

Die Richtlinie gilt für alle Unternehmen in der EU, die mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen und einen weltweiten Nettoumsatz von mindestens 150 Millionen Euro verbuchen, Verschärfungen wurden allerdings für Unternehmen der Textilbranche, der Landwirtschaft, der Lebensmittelherstellung und für Baufirmen festgelegt. Für sie liegt die Schwelle bereits bei 250 Mitarbeitern und einem weltweiten Jahresumsatz von 40 Millionen Euro. Für Unternehmen aus Drittstaaten hingegen wurde die Grenze auf 300 Millionen Euro Umsatz innerhalb der EU festgelegt. Nichtsdestotrotz sollen auch kleinere Unternehmen Sorgfaltspflichten erfüllen: sollte sich etwa ein Zulieferer oder Abnehmer eines betroffenen Unternehmens nicht an die Vorgaben halten, drohen Geldstrafen oder sogar die Untersagung einer Geschäftsbeziehung. Strafzahlungen sollen in Höhe von bis zu 5 Prozent des weltweiten Nettoumsatzes eines Unternehmens erhoben werden. Außerdem sollen künftig nur Firmen an öffentlichen Beschaffungsausschreibungen teilnehmen dürfen, die sich an die Sorgfältigkeitspflichten halten.

BDE-Präsident Peter Kurth: „Das Ziel, Menschenrechtsverletzungen und Umweltprobleme von zu bekämpfen, ist im Grundsatz sicher lobenswert. Das EU-Lieferkettengesetz ist jedoch zu breit gefasst und berücksichtigt keine sektorspezifischen Besonderheiten. Die vorläufige Einigung enthält daher auch einige Vorschriften, die besonders für Unternehmen der Abfall- und Rohstoffwirtschaft nicht umsetzbar sind. Es ist schlicht nicht möglich, den Ursprung von jedem eingeführten Abfall festzustellen. Ganz offensichtlich ist die EU gewillt Ausnahmen zu gewähren, etwa im Finanzsektor – aber eben nicht für die Abfall- und Rohstoffwirtschaft. Die Folgen für die Branche sind also eine weitere Überbürokratisierung, doppelte Berichtspflichten und drohende Bußgelder. Sollten die vorliegenden Regelungen umgesetzt werden, hat dies nachteilige Auswirkungen für den Wirtschaftsstandort Europa und insbesondere für die Kreislaufwirtschaft, die innerhalb der EU eigentlich maßgeblich gefördert werden soll.“

Die erzielte Einigung muss sowohl vom Europaparlament als auch vom Rat der Mitgliedstaaten förmlich bestätigt werden. 18 Monate später müssen sie in nationales Recht umgesetzt worden sein – für Deutschland werden dabei einige geltende Vorschriften des deutschen Lieferkettengesetztes durch die europäischen Regeln ersetzt.

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Bernhard Schodrowski

Kommunikation, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit