Eine Vielzahl, der in Verkehr gebrachten und am Ende ihres Produktlebenszyklus angelangten, Lithiumbatterien und – akkumulatoren werden nicht dem sachgerechten Recycling zugeführt und wichtige Recyclingrohstoffe somit dem Kreislauf entzogen. Insbesondere durch den Bürger falsch entsorgte Lithiumionenakkumulatoren stellen weiterhin eine hohe Gefahr für Mensch und Umwelt dar.
Brandereignisse in Sortieranlagen der LVP-Sammlung, der Gewerbeabfallaufbereitung etc. bedeuten nicht nur für die Mitarbeiter ein Risiko und verursachen dem betroffenen Unternehmen einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden, sie schwächen auch die komplette Kreislaufwirtschaft, da Kapazitäten an notwendigen Aufbereitungs- und Behandlungsanlagen reduziert werden. Die Branche braucht daher dringend ein schnell greifendes Maßnahmenpaket.
Sofortmaßnahmen, sind die Information der Verbraucher und der Vollzug der geltenden gesetzlichen Grundlagen. Mit der Novellierung von Elektro- und Elektronikgerätegesetz kann bereits national weiteren Problemfeldern zeitnah begegnet werden. Zeitnah sind aber auch auf europäischer Ebene, insbesondere mit Blick auf die EU-Ratspräsidentschaft von Deutschland im 2. Halbjahr 2020, die Novelle der Batterierichtlinie sowie die Ökodesignrichtlinie anzugehen.
In der Zukunft muss ein fachgerechter Umgang mit Lithiumbatterien und – akkumulatoren, von der Produktion bis zum Recycling, sichergestellt sein.
Hintergrund
Elektroautos, Akku-Bohrschrauber, Digitalkameras, E-Bikes, Smartphones oder Notebooks – moderne Technik ist mobil und benötigt immer leistungsfähigere Energiespeicher. Ein Grund dafür, warum Lithiumbatterien und -akkumulatoren mittlerweile den Markt für wieder aufladbare Batterien dominieren. Sie haben im Laufe der letzten Jahre konkurrierende elektrochemische Speicher wie Nickel-Cadmium oder Nickel-Metallhydrid verdrängt. Beliebt sind sie vor allem wegen ihrer hohen Energiedichte, Speicherkapazität, Zyklenfestigkeit und Selbstentladungsrate.
Hinzu kommt: Lithium ist das leichteste feste Element, das, obwohl es ein Metall ist, trotzdem auf Wasser schwimmt. Im Vergleich zu Bleiakkumulatoren der scheinbar ideale Rohstoff für wesentlich leichtere und leistungsfähigere Energiezellen.
Sekundärbatterien im Gerätebatteriemix machten im Jahr 1999 nur rund 10 Prozent des Batterieaufkommens aus. 2017 sind es bereits 29,4 Prozent im Gesamtmix, die Primärbatterien sind auf einen Anteil von 70,6 Prozent zurückgegangen. Interessant ist die Entwicklung der Lithium-Systeme. Im Jahr 2012 betrug der Anteil der jährlich in Verkehr gebrachten wieder aufladbaren Lithiumbatterien rund 63 Prozent der Sekundärbatterien. Die Masse stieg bis zum Jahr 2017 – nach anfänglich hohen Zuwachsraten seit 2009 – nur leicht an. Im Jahr 2017 wurden 10.307 Tonnen in Verkehr gebracht, was einem Anteil von 63,8 Prozent an Sekundärbatterien entspricht.
Treiber dieser rasanten Entwicklung sind neben dem technischen Fortschritt ein geändertes Kauf- und Konsumverhalten. Die Lebenszyklen von Elektrogeräten werden immer kürzer. Aber auch die Lebensdauer der Lithium-Ionen-Akkumulatoren ist begrenzt.
Unter Idealbedingungen sind Lebenszyklen von 2-5 Jahren realistisch. Lithium-Ionen-Batterien, die vor 5 Jahren auf den Markt kamen, haben heute ihr Lebensende erreicht. Mit ihrem steigenden Einsatz werden immer größere Mengen an Sammelstellen anfallen und einer Verwertung zugeführt. Lithium ist jedoch ein äußerst reaktionsfreudiges und leicht brennbares Metall.
Mit steigendem Aufkommen ist auch das Gefährdungspotential in der Entsorgungsbranche gestiegen. Vorsicht ist geboten. Kommt es zum Kurzschluss, z.B. weil die Separatorfolie zwischen den einzelnen Schichten des Akkumulators durch unsachgemäßen Umgang zerstört wurde, droht ein Brand. Die im Akkumulator gebundene chemische Energie wird unkontrolliert und beschleunigt als thermische Energie abgegeben, bis auch das Lithium brennt. Ein solcher Metallbrand ist nur schwer zu löschen – mit Wasser wird lediglich ein Ausbreiten verhindert, aber nicht gelöscht.
Viele Unternehmen der Entsorgungsbranche mussten diese bittere Erfahrung in den letzten Monaten machen, es vergeht in Deutschland nicht eine Woche, ohne dass eine Sortieranlage brennt, weil Batterien falsch entsorgt wurden.
Anzugehende Maßnahmen für eine intelligente Kreislaufwirtschaft
Die Diskussion, zum Umgang mit Lithiumionenspeichern wurde bereits intensiv und mit hoher medialer Begleitung geführt. Wichtig ist, dass in den Diskussionen ganzheitlich gedacht wird und nicht einzelne kleine Bausteine herausgelöst vom Gesamtkonzept diskutiert und als unlösbar abgetan werden.
Von Seiten des BMU wurden national lösbare Aufgabenstellungen begrüßt und gleichzeitig auf zu forcierende Themen während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in der 2. Jahreshälfte 2020 abgestellt.
1. Verbraucherinformation
Die verschiedensten Kennzeichnungen auf Batterien und Elektro- und Elektronikgeräten sowie die damit in Verbindung stehenden Informationen an die Verbraucher oder aber auch an die Recyclingbranche, sind auch aufgrund ihrer Vielfalt teilweise unpraktikabel bzw. unübersichtlich geworden.
Der Verbraucher muss hier dringend zielgerichtet informiert werden. Neben der Tatsache, dass Verbraucher nicht wissen, wie Sie eine sachgerechte Entsorgung durchzuführen haben, sind ihnen auch die Risiken von Batterien und die möglichen schwerwiegenden Folgen unsachgemäßer Fehlentsorgungen unzureichend bekannt. Mehr als die Hälfte der Batterien, die in Haushalten anfallen und hochgefährliche Substanzen enthalten, werden aktuell über den Restabfall oder sogar die LVP-Sammlung entsorgt. Hier müssen die Hersteller und Rücknahmesysteme ihre Aufgabe der Verbraucheraufklärung grundlegend überdenken und modernisieren.
2. Sammelgruppen in ElektroG
Elektro- und Elektronikgeräte sind so zu konzipieren, dass Batterien und Akkumulatoren durch den Endnutzer ausbaubar sind. Eine Anpassung des ElektroG sieht der Gesetzgeber hier als nicht zielführend an, da die Anforderungen in der Ökodesignrichtlinie zu verankern wären und somit auf europäischer Ebene zu diskutieren sind. Solange jedoch die Ausbaubarkeit der Batterie für Elektro- und Elektronikgeräte nicht eindeutig geregelt ist, sollte der Vorschlag, für batteriebetriebene Geräte eine separate Sammelgruppe einzuführen, geprüft werden.
3. Vollzug ernst nehmen
Die Sammlung und der Transport von Lithiumbatterien ist mit einem Gefahrenpotential verbunden, dem auch bei einer gezielten Steuerung in die richtigen Recyclingwege begegnet werden muss.
Bis heute werden ADR-konforme Sammlungen und Transporte für Altgeräte, welche Lithiumbatterien oder -zellen enthalten, aber auch für Lithiumbatterien und -akkumulatoren der Batteriesammlung, nur bedingt durchgeführt. Der Ländervollzug ist hier in der Pflicht, eine regelkonforme Organisation und Infrastruktur der Rücknahme zu erreichen.
4. Ökodesignrichtlinie nutzen
Hersteller müssen ihre Elektro- und Elektronikgeräte so gestalten, dass insbesondere die Wiederverwendung, die Demontage und die Verwertung von Altgeräten, ihren Bauteilen und Werkstoffen berücksichtigt und erleichtert wird. Elektro- und Elektronikgeräte, die vollständig oder teilweise mit Batterien oder Akkumulatoren betrieben werden können, sind so zu gestalten, dass Altbatterien und Akkumulatoren durch Endnutzer problemlos entnommen werden können.
Eine einheitliche Kennzeichnung von Geräten mit hochenergetischen Akkumulatoren durch die Hersteller ist verpflichtend einzuführen. Schon beim Kauf und später bei der Entsorgung sollten die Verbraucher zudem auf die korrekte Handhabung der betroffenen Geräte und Akkumulatoren hingewiesen werden. Jeder Hersteller ist daraufhin zu verpflichten, Elektro- und Elektronikgeräte, die eine Batterie oder einen Akkumulator enthalten, so zu kennzeichnen, dass über den Batterietyp und das chemische System der Batterie oder des Akkumulators informiert wird.
Weiterhin sind Angaben beizufügen, welche den Endnutzer über deren sichere Entnahme, die Gefahren durch einen unsachgemäßen Umgang mit der Batterie oder den Akkumulator sowie den Beitrag des Verbrauchers für eine fachgerechte und ökologisch sinnvolle Entsorgung informieren.
5. Novelle Batterierichtlinie
Aufgrund der Batteriesammelquote von 45 Prozent werden 55 Prozent der Gerätebatterien keinem sachgerechten Recycling zugeführt, wichtige Recyclingrohstoffe gehen dem Kreislauf verloren. Falsch entsorgte Lithiumbatterien und -akkumulatoren stellen eine hohe Gefahr für Mensch und Umwelt dar. Brandereignisse in Sortieranlagen der LVP-Sammlung, der Gewerbeabfallaufbereitung etc. bedeuten ein Risiko im Anlagenbetrieb, verursachen teils erhebliche Sachschäden und schwächen die Kreislaufwirtschaft, da Kapazitäten an notwendigen Aufbereitungs- und Behandlungsanlagen reduziert werden.
Unter den geschilderten Sicherheitsrisiken ist es notwendig, zu 100 Prozent Lithiumbatterien und -akkumulatoren aus den verschiedensten Abfallstoffströmen gezielt in die Batteriesammlung zurückzuführen. Dies kann nur über ein Pfandsystem für besonders kritische Stoffströme flankierend zu einer hohen Sammelquote für alle Gerätebatterien erreicht werden.
Das Sammelziel sollte daher EU-weit von 45 auf mindestens 80 Prozent erhöht werden, um den Rücklauf der Batteriesysteme ins Recycling zu erreichen und dauerhaft sicherstellen.
Die Einführung einer Pfandpflicht zur Erhöhung der Sammelbereitschaft und die damit wirksame Lenkung insbesondere kritischer Batterieströme ist unverzichtbar. Mit steigender Energiedichte erhöht sich das Risiko einer Brandgefahr bei unsachgemäßem Umgang und Fehlwürfen in der Entsorgung. Die Pfandpflicht wäre daher ab einer Spannung von 9 Volt für Lithiumbatterien und -akkumulatoren einzuführen.
Fazit
In diesem Sinne sollte die Branche die neu gewonnene Mobilität durch moderne Energiespeicher nicht verteufeln, sondern als Chance und idealen Testfall für die Kreislaufwirtschaft begreifen.
Das Recycling muss die lokale Rohstoffquelle zur Nachfragedeckung für Cobalt, Lithium, Nickel und Kupfer werden. Das Recycling kann damit die nachhaltige Rohstoffbasis zur Verbesserung der Ökobilanz für diese neue Mobilität werden. Effiziente industrielle Recyclingverfahren sind verfügbar. Diese Aufgabe ist jedoch nicht allein durch die Recyclingwirtschaft realisierbar, es bedarf der Unterstützung und konstruktiven Mitwirkung der Hersteller und Inverkehrbringer.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der umfassenden Sammlung und im hochwertigen Recycling. Mit den genannten Maßnahmen müssen Anreize für die Produktgestaltung als Grundlage für eine effektive Sammlung und ein hochwertiges Recycling gelegt werden. Wir benötigen sichere, saubere und transparente Stoffströme bis zum finalen Recyclingprozess. Grüne Produkte und Technologien benötigen zwingend auch saubere Lieferketten, dabei nehmen sie eine Schlüsselstellung für die Rohstoffbasis und Energieversorgung ein.
Kreislaufschließung ist Kernbestandteil grüner Produkte.