Referentenentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie enttäuscht

BDE: PS zur nachhaltigen Beschaffung müssen endlich auf die Straße

10.09.2019

Der BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V. hält den Referentenentwurf des Bundesumweltministeriums zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union für zu wenig ambitioniert. BDE-Präsident Peter Kurth: „Das Erfordernis der – inzwischen auch von einer breiten politischen Mehrheit getragenen - Rohstoffwende wird nicht hinreichend abgebildet. Das überrascht, da die Rohstoffwende ein wichtiger Baustein im Klimaschutz ist. Eine Ministerin, die sich Klimaschutz auf ihre Fahnen schreibt, müsste diesen Schlüssel nun auch beherzt nutzen. Sinnvolle Instrumente zur Förderung der Rohstoffwende, wie zum Beispiel Überlegungen zu „Minimal Content“ (also einem verpflichtenden Rezyklatanteil in bestimmten Produkten) oder auch das Thema nachhaltige Beschaffung durch die öffentliche Hand, müssten jetzt viel mutiger angegangen werden.“

Ausdrücklich begrüßt der BDE, dass die Regelung zur sog. nachhaltigen öffentlichen Beschaffung (§ 45 Kreislaufwirtschaftsgesetz) geschärft werden soll.

Kurth: „Schon heute soll eine Vielzahl von gesetzlichen Regelungen die nachhaltige Beschaffung, also den Einsatz von Recyclingrohstoffen, stärken. Tatsächlich scheitert es an der täglichen Beschaffungspraxis, dass die von den Gesetzgebern geschaffenen Möglichkeiten für einen verstärkten Einsatz von Rezyklaten in Produkten oder von Ersatzbaustoffen bei Bauprojekten in der Praxis genutzt werden. Die PS müssen endlich auf die Straße.“

Die konkret beabsichtigte Änderung des § 45 Kreislaufwirtschaftsgesetz greife insoweit etwas zu kurz.

Kurth: „Im Lichte der großen Potentiale der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung empfehlen wir dringend eine weitergehende Lösung, die das Ziel hat, die jetzt schon bestehenden Möglichkeiten der nachhaltigen Beschaffung in der täglichen Beschaffungspraxis auch mit Leben zu erfüllen. Die Regelungen zur nachhaltigen Beschaffung sollten auch Vorbild für die Bundesländer sein, sofern deren Landesabfallgesetze nicht weitergehende Regelungen vorsehen.“

Der BDE fordere schon seit langem einen „360-Grad-Blick bei der Beschaffung“.

Kurth: „Auch die Europäische Kommission hat das Potential des sog. „Green Public Procurement“ erkannt. Das europäische Vergaberecht eröffnet große Chancen für die nachhaltige öffentliche Beschaffung. Eine ganzheitliche Betrachtung zeigt häufig, dass das billigste Angebot eben nicht immer das wirtschaftlichste Angebot ist. Auch die deutschen Rechnungshöfe tragen den 360-Grad-Blick bei der Beschaffung mit. Ihre „Bonner Erklärung zur Nachhaltigkeit“ hat das Ziel, die Umsetzung der Ziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland zu unterstützen.“

Kurth unterstrich außerdem, dass es in der Praxis darauf ankommen werde, dass parallel auch die beabsichtigte Verordnungsermächtigung, wonach bestimmte Erzeugnisse nur in bestimmter, das Recycling fördernder Weise in Verkehr gebracht werden dürfen, insbesondere unter dem Einsatz von Recyclingrohstoffen, insbesondere Rezyklaten, auch mit Leben erfüllt werde. Kurth: „Das Thema „Minimal Content“ darf nicht als „Minimal-Anliegen“ enden.“

Außerdem bekräftigte Kurth die BDE-Forderung nach einem staatlichen Recyclinglabel – vorzugsweise auf europäischer Ebene, das Aussagen über Recyclingfähigkeit von und Rezyklateinsatz in Produkten geben sollte. Kurth: “Das gerade vorgestellte staatliche Textilsiegel „Grüner Knopf“ von Entwicklungsminister Müller müsste ähnlich auch vom BMU zu Recyclingfähigkeit von Produkten entwickelt werden. Beschaffungsstellen brauchen natürlich auch Hinweise, wie z. B. ein Recyclinglabel, um einfach nachhaltig beschaffen zu können.“

Enttäuscht zeigte sich Kurth darüber, dass das Umweltministerium beim Thema gewerbliche Sammlung gesetzliche Stellschrauben zugunsten der kommunalen Seite verändern wolle. Kurth: „Durch die Beteiligung des Konkurrenten „öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger“ am Anzeigeverfahren des Trägers der gewerblichen Sammlung ist dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger schon ausreichend Raum zur Einflussnahme zugestanden worden. Einer weitergehenden Einflussmöglichkeit bedarf es insoweit nicht. Eine Korrektur der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil des 7. Senats vom 27. September 2018 - BVerwG 7 C 23.16) ist nicht geboten. Eine gewerbliche Sammlung wird nur angezeigt. Sie bedarf keiner Zulassung bzw. Genehmigung.“

Der BDE erinnerte in diesem Zusammenhang an das Gesetzgebungsverfahren zum Kreislaufwirtschaftsgesetz. Die Bundesregierung hatte im Jahr 2011 eine Regelung vorgeschlagen, wonach bei einer möglichen Interessenkollision die Entscheidung auf die obere Abfallbehörde übergeht, um eine interessengeleitete Rechtsanwendung zu verhindern. Kurth bekräftigte: „Der damalige Ansatz muss nun in Gesetz gegossen werden. Die Abfallbehörde hat die Rolle eines unabhängigen Schiedsrichters. Die Zulässigkeit einer gewerblichen Sammlung darf nicht im Belieben von Lokalfürsten stehen. Zuständige Abfallbehörden müssen mit Augenmaß über etwaige Untersagungen von gewerblichen Sammlungen entscheiden.“

Kurth kritisierte außerdem die vom Bundesumweltministerium beabsichtigte Einschränkung der Möglichkeit freiwilliger Rücknahmesysteme: „Freiwillige Rücknahmesysteme müssen eher gestärkt und unterstützt werden, anstatt sie zusätzlich zu erschweren.“