Die Europäische Union beabsichtigt, bis Ende 2025 eine überarbeitete Bioökonomie-Strategie zu verabschieden, um Innovationen zu fördern und ihre führende Rolle im Bereich der Bioökonomie weiter auszubauen. Diese Strategie soll die Wettbewerbsfähigkeit der EU stärken, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen reduzieren und die Entwicklung ländlicher Regionen unterstützen.
Im Fokus der neuen Strategie stehen der Ausbau der Kreislaufwirtschaft in der Bioökonomie und eine verstärkte Ausrichtung auf Nachhaltigkeit. Gleichzeitig soll sie zur Dekarbonisierung der europäischen Wirtschaft beitragen. Ziel ist es, günstige Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen Bioökonomie-Start-ups, Unternehmerinnen und Unternehmer sowie innovative Geschäftsmodelle florieren können.
Die Bioökonomie-Strategie bildet einen zentralen Bestandteil des europäischen Green Deals, der darauf abzielt, Europa bis 2050 klimaneutral zu gestalten. Sie soll die Grundlage dafür schaffen, wirtschaftliches Wachstum vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln und den Wandel von einer Wegwerfgesellschaft hin zu mehr Wiederverwendung, Reparatur und Recycling vorantreiben.
Geplant ist zudem, die Nutzung biogener Ressourcen in sämtlichen Sektoren zu fördern, ohne dabei die Ernährungssicherheit oder den Umweltschutz zu gefährden. Darüber hinaus soll die Strategie dazu beitragen, die EU als global führenden Standort für Biowissenschaften zu etablieren, indem exzellente Forschung in praxisnahe Lösungen überführt wird. Diese sollen die öffentliche Gesundheit stärken, den Einsatz sauberer Technologien vorantreiben sowie neue Industrien und hochwertige Arbeitsplätze in Europa schaffen und ausbauen.
In der Konsultation hat die Europäische Kommission Fragen zu folgenden Aspekten gestellt:
1. Innovationsförderung & Markteintritt
Wie kann der Transfer bahnbrechender biobasierter Technologien vom Labor in die breite Anwendung (“Lab to Fab”) beschleunigt werden?
Welche Hemmnisse – etwa bei Finanzierung, Recht oder Zulassung – stehen der Kommerzialisierung im Weg, und wie können diese beseitigt werden?
2. Kreislaufwirtschaft & nachhaltige Ressourcennutzung
Was braucht es, um die zirkuläre Nutzung biogener Ressourcen zu verbessern und Biomasse effizienter zu verwerten (z. B. nach dem Kaskadenprinzip)?
Welche Maßnahmen (z. B. Anreize, politische Rahmen) helfen, Industrie und Konsumenten zur Kreislaufwirtschaft zu bewegen?
3. Nachhaltige Biomasse-Versorgung
Wie lässt sich eine belastbare, nachhaltige Versorgung mit Biomasse sicherstellen (im In‑ und Ausland)?
Welche Rolle spielen Landwirte, Forstwirte und ländliche Regionen, und wie können Einkommen und Ökosystemschutz gleichzeitig gestärkt werden?
4. Globale Wettbewerbsfähigkeit
Wie kann die EU ihre Stellung im weltweiten Markt für biobasierte Materialien, Biotechnologie und Agrar‑Biotech stärken?
Welche außen- und handelspolitischen Instrumente (etwa Global Gateway, grüne Diplomatie) sollten dafür genutzt werden?
5. Finanzierung & Rahmenbedingungen
Welche Arten von Finanzierungsinstrumenten und Förderprogrammen (EU‑weit und national) fehlen, insbesondere für Start‑ups, KMU und innovative Geschäftsmodelle?
Welche politischen Rahmenbedingungen (Regulierungen, Koordination zwischen Bereichen/Institutionen) sind nötig, um Investitionssicherheit zu erhöhen?
6. Engagement & Akzeptanz
Wie kann die EU breite Stakeholder‑Einbindung fördern – insbesondere von Bürgerinnen und Bürgern, NGOs, Landwirtinnen und Landwirte, der Forstwirtschaft, der Industrie und Start‑ups?
Welche Kommunikationsmaßnahmen helfen, Transparenz zu schaffen und Verständnis für Chancen und Risiken einer Bioökonomie zu wecken?
Die aktuelle EU-Bioökonomie‑Strategie ist Teil eines kontinuierlichen Entwicklungsprozesses – sie knüpft an vorangegangene Strategien zur Bioökönomie an, beginnend mit der ersten Strategie von 2012 und der weiterentwickelten Strategie 2018. Die neu aufgelegte Strategie soll den aktuellen ökologischen, ökonomischen und politischen Herausforderungen gerecht werden. Ziel der Europäischen Kommission ist es, „Lösungen für eine kreislauforientierte und klimaneutrale Wirtschaft anzubieten“. Der Begriff der Bioökonomie erfasst insbesondere die Produktion von Biomasse sowie deren Konversion zu Lebensmitteln, biobasierten Materialien und Produkten und kann insoweit einen erheblichen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels leisten.
Auch im Bereich der Bioökonomie nimmt die Bedeutung von Ressourcenschonung und Kreislaufähigkeit eine immer wichtigere Rolle ein. Mindesteinsatzquoten zur Förderung von Kreislaufdüngern und recycelter Nährstoffe können auch hier ein effektives Mittel sein, die Zukunft und Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu sichern. Der BDE spricht sich daher nicht zuletzt dafür aus, solche Einsatzquoten zu einem Kriterium Öffentlicher Auftragsvergaben zu machen. Dies entspricht auch einer der Kernforderungen des Europäischen Dachverbandes der biologischen Abfallbehandler, dem European Compost Network ECN.
Teil der Konsultation ist auch ein Aufruf, Stellung zum Einsatz biologischer Materialien als Ersatz für fossile Rohstoffe zu beziehen.
Der BDE befürwortet durchaus den Einsatz von Biokunststoffen (die etwa aus Maisstärke oder Zuckerrohr gewonnen werden) als nachhaltige Alternative zu Einsatz von Erdöl-basierten Kunststoffen. Um einen effektive Markthochlauf zu gewährleisten, ist es aber notwendig, Biokunststoffe gezielt als Primärrohstoffe einzusetzen und diese nicht in Konkurrenz zu Rezyklaten zu setzen. Recycelte Kunststoffe haben Lebenszyklusanalysen (Life Cycle Assessment) zufolge nach wie vor, auch wenn sie aus dem Recycling fossiler Materialien gewonnen werden, eine bessere Ökobilanz als primäre Biokunststoffe. Insbesondere spricht sich der Verband gegen die Möglichkeit aus, die Verwendung von Biokunststoffe auf die Erfüllung von Mindestrezyklateinsatzquoten, beispielsweise nach der EU-Verpackungsverordnung, vgl. Verordnung (EU) 2025/40, Art. 7 Abs. 2 c), anrechnen zu können. Biokunststoffe dürfen Rezyklate nicht kannibalisieren.
Wichtig ist zudem, dass eine Förderung von Biokunststoffen vor allem solche Kunststoffe in den Fokus nimmt, die auch in herkömmlichen Recycling- und Behandlungsanlagen aufbereitet werden können, sog. Drop-In Kunststoffe. Solche Kunststoffe, z. B. Biomassebasiertes Polyethylen, haben dieselbe chemische Struktur wie konventionelle Kunststoffe. Nur eine Integration in den bestehenden Markt und in die bestehenden Recyclingstrukturen kann einen echten Hochlauf biologischer Rohstoffe gewährleisten und einen Beitrag zu einer umfassenden Kreislaufwirtschaft leisten. Dies war bereits eine Kernforderung des Verbandes zur nationalen Biomassestrategie der Bundesregierung.