Kurznachrichten - Green Claims-Richtlinie

Aktueller Stand der Green Claims-Richtlinie

Ursprünglich war die letzte Verhandlungsrunde im Trilog zwischen Rat, Europäischem Parlament und Europäischer Kommission über die Green Claims-Richtlinie für den 23. Juni 2025 angesetzt. Nachdem die EVP-Fraktion des Europäischen Parlaments jedoch in einem offenen Brief an Kommissionspräsidentin von der Leyen deutliche Kritik am Entwurf geäußert hat, ist der weitere Verlauf des Gesetzesvorhabens ins Stocken geraten.

 

Der Gesetzesentwurf der Richtlinie über die Begründung ausdrücklicher Umweltaussagen sieht vor, dass Unternehmen, die Aussagen über die Nachhaltigkeit ihrer Produkte treffen (Bsp.: „aus biologischem Ursprung“; „Zu 50% recycelt“…), diese von einem unabhängigen Dritten zertifizieren lassen müssen. Dadurch sollen Verbraucher vor Täuschungen geschützt und sog. „Greenwashing“ soll verhindert werden.

Die im Januar 2025 begonnenen Trilogverhandlungen (siehe Europaspiegel Februar 2025) zwischen Rat, Europäischem Parlament und Europäische Kommission sollten ursprünglich bis zum Ende der polnischen Ratspräsidentschaft im Juni 2025 abgeschlossen werden. Jedoch drohte die Kommission am 20. Juni 2025, das Gesetzgebungsverfahren „abzubrechen“ und ihren Vorschlag zurückzuziehen, nachdem in einem Brief der EVP-Fraktion unter dem Vorsitzenden Manfred Weber (CSU) deutliche Kritik an dem vorläufigen Entwurf, wie er sich zum derzeitigen Stand des Trilogs darstellte, geäußert wurde.

Grund dafür war vor allem der vom Rat eingebracht Ansatz, auch Kleinstunternehmen in die Nachweispflichten der Richtlinie einzubeziehen. Der bürokratische Aufwand, der mit der Zertifizierung von Umweltaussagen einhergehe, sei nach Auffassung der EVP für diese nur schwer zu bewältigen. Betroffen wären EU-weit etwa 30 Mio. Kleinstunternehmen.

Nachdem es ursprünglich tatsächlich so aussah, als würde die Kommission ihren Gesetzesvorschlag zurückziehen, teilte ihr Sprecher am 23. Juni mit, dass Vorhaben werde nur zurückgezogen, wenn Rat und Teile des Europäischen Parlaments (v. a. S&D und Greens), daran festhalten, Kleinstunternehmen im Anwendungsbereich der Richtlinie zu halten. Die Trilogverhandlungen gehen somit nunmehr in der dänischen Ratspräsidentschaft weiter – wann es zu einer Einigung kommen wird, ist ungewiss.

Aus Sicht des BDE sind diese Entwicklungen kritisch zu sehen. Die Bedenken der EVP-Fraktion sind aus Verbandssicht weitestgehend unbegründet, da kein Unternehmen, weder Großkonzern noch Kleinstbetrieb, gezwungen wird, Umweltaussagen über seine Produkte zu treffen. Wer jedoch bestimmte Aussagen, etwa über den Rezyklatgehalt eines Produkts, trifft, sollte dies auch entsprechend belegen müssen. „Greenwashing“ ist aktuell ein Problem für die Recyclingbranche und weitere nachhaltige Technologien, weswegen eine möglichst weitreichende Anwendung der Green-Claims-Richtlinie politisch notwendig ist.

Unabhängig von der Bewertung der Aufnahme von Kleinstunternehmen in die Richtlinie, begegnet der Vorgang allgemeinen politischen Bedenken. Die Aushandlung von Gesetzesentwürfen muss in dem dafür vorgesehenen Gesetzgebungsverfahren geschehen, das eine umfassende Mitwirkung von Kommission, Rat und Parlament gewährleistet. Dabei ist zu beachten, dass Rat und Europäisches Parlament die zentralen Gesetzgebungsorgan sind. Dass sich die Kommission durch einen Brief einer einzelnen Fraktion außerhalb des formellen Gesetzgebungsverfahrens dazu bewegen lässt, ein Vorhaben, das sich nahezu am Ende des Gesetzgebungsverfahren befindet, zurückzuziehen, und den Fortgang des Verfahrens an eine Bedingung an die Co-Gesetzgeber knüpft, ist nicht nachvollziehbar und könnte einen bedenklichen „Präzedenzfall“ für weitere Unionsgesetze schaffen. Es ist daher zu hoffen, dass die Kommission dem Druck der EVP-Fraktion nicht nachgibt und die einzelnen Nachweispflichten für Kleinstunternehmen in dem hierfür vorgesehenen Trilogverfahren ausgehandelt werden.

 

Download BDE/VOEB Europaspiegel Juli 2025

Yannick Müller

Legal Advisor, Europareferent für Binnenmarkt, Abfall- & Umweltrecht