Hintergrund
Am 28. Juni 2024 wurde die neue Ökodesign-Verordnung 2024/1781 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Die Ökodesign-Verordnung ersetzt die bisherige Ökodesign-Richtlinie und wird Unternehmen neuen, deutlich strengeren, Verpflichtungen unterwerfen, die den gesamten Lebenszyklus eines Produkts abdecken. Anders als die Ökodesign-Richtlinie, die sich auf energieverbrauchsrelevante Produkte (z. B. Waschmaschinen oder Kühlschränke) beschränkte, erstreckt sich der Anwendungsbereich der neuen Verordnung nun auf fast alle Produkte.
Die Verordnung führt neue Anforderungen ein, um Produkte langlebiger, zuverlässiger, wiederverwendbar, aufrüstbar, reparierbar, wartungsfreundlich und recycelbar sowie energie- und ressourceneffizienter zu machen. Sie legt als Rahmenverordnung selbst keine eigenen Anforderungen in Bezug auf zu erfüllende Parameter fest, dies geschieht durch künftige produktbezogene delegierte Rechtsakte.
Art. 19 der Ökodesign-Verordnung 2024/1781 sieht vor, dass die Europäische Kommission bei der Festlegung von Nachhaltigkeitskriterien durch ein Forum von Sachverständigen für bestimmte Produktgruppen aus den Mitgliedstaaten unterstützt wird. Das “Ökodesignforum” leistet seine Beiträge in Form der Ausarbeitung von Ökodesign-Anforderungen, Erstellung von Arbeitsplänen, Prüfung der Wirksamkeit festgelegter Marktüberwachungsmechanismen und der Beurteilung von Selbstregulierungsmaßnahmen sowie von Vernichtungsverboten bestimmter unverkaufter Verbraucherprodukte. Das Ziel ist, einen nachhaltigen Standard für alle Produkte, auch Importe, zu schaffen. Das Ökodesignforum soll auch dazu dienen, die Mitgliedstaaten bei der besseren Durchsetzung der Ökodesign-Verordnung zu unterstützen. Schätzungsweise werden aktuell etwa 10% der bestehenden Ökodesignkriterien, gerade im Online-Handel, von den. Mitgliedstaaten übergangen. Insgesamt nehmen an dem “Ökodesign-Forum” über 200 Teilnehmer, darunter Branchenvertreter, Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) und Vertreter der Mitgliedstaaten, teil.
Der Arbeitsplan für 2025-2030 legt fest, welche Produktgruppen bis 2030 bevorzugt zu regulieren sind.
Wesentliche Inhalte
Die Prioritäten für den ersten Arbeitsplan werden in Artikel 18 der Ökodesign-Verordnung selbst festgelegt. Danach muss bis zum 19. April 2025 ein erster Arbeitsplan vorliegen, der zwingend folgende Produktgruppen erfasst: Eisen & Stahl, Aluminium, Textilien (insb. Bekleidung und Schuhe), Möbel (inkl. Matratzen), Reifen, Waschmittel, Anstrichmittel, Schmierstoffe, Chemikalien, energieverbrauchsrelevante Produkte sowie Informations- und Kommunikationstechnik und Elektronikgeräte.
Die Gewichtung der einzelnen Prioritäten untereinander sowie mögliche weitere Produktgruppen kann die Kommission selbst nach Durchführung einer geeigneten Konsultation festlegen. Eine solche Konsultation fand Anfang 2023 sowie am 19. Februar 2025 statt.
Erfasste Produktgruppen
Ökodesign- und Energieverbrauchskennzeichnungen sollen vorrangig eingeführt werden für Textilien/Bekleidung, Möbel, Reifen und Matratzen als Endprodukte sowie für Eisen, Stahl und Aluminium als Zwischenprodukte.
Bei der Regulierung von Zwischenprodukten sind insbesondere die potenziellen Auswirkungen auf ihre Verarbeitung zu Endprodukten zu berücksichtigen. Außerdem wird die Kommission horizontale Anforderungen an die Reparierbarkeit und den Rezyklatanteil von Elektronischen Geräten regeln. Dazu soll nicht zuletzt ein Reparierbarkeits-Score, ähnlich der Energieverbrauchskennzeichnung, eingeführt werden.
Für einen Großteil energieverbrauchsrelevanter Produkte, 35 an der Zahl, existiert bereits ein Arbeitsplan unter der bestehenden Ökodesignrichtlinie für 2022-2024. Bei 16 dieser Produkte ist die Europäische Kommission jedoch der Ansicht, dass hinsichtlich ihrer nachhaltigen Gestaltung noch erhebliches Verbesserungspotential besteht, sodass sie in den kommenden Arbeitsplan übernommen werden. Darunter befinden sich etwa Haushaltsgeschirrspüler oder Handys und Tablets.
Konkret sieht das Arbeitsprogramm folgenden Zeitplan für weitere in den Arbeitsplan aufzunehmende Produkte vor:
Bestimmte Produktgruppen, etwa Schuhe und Waschmittel, wurden nicht in den Arbeitsplan übernommen, da sich aus der Konsultation ergeben hat, dass hier kein erhebliches Verbesserungspotential besteht. Ebenfalls nicht aufgenommen wurden Chemikalien, da ein Arbeitsplan der Komplexität dieser Produktgruppe nicht gerecht werde. Vielmehr wird die Kommission bis Ende 2025 eine Studie in Auftrag geben, um mögliche Verbesserungen von Produktaspekten für Chemikalien zu identifizieren und dann ggfs. per delegiertem Rechtsakt zu regeln.
Maßnahmen
Kernstück der Ökodesign-Verordnung ist der digitale Produktpass, DPP. Dieser soll die Rückverfolgbarkeit des Herstellungsprozesses von Produkten entlang der gesamten Wertschöpfungskette sicherstellen. Hierzu werden jeweils produktspezifische delegierte Rechtsakte erlassen werden.
Im Rahmen delegierter Rechtakte sollen künftig auch die grenzüberschreitenden Auswirkungen, welche Ökodesignkriterien auf den Handel mit Drittstaaten haben werden, berücksichtigt werden. Eine umfassende Folgenabschätzung einzelner Kriterien soll daher Teil einer Studie sein.
Außerdem sollen für die priorisierten Produktgruppen Mindestanforderungen für ein nachhaltiges öffentliches Beschaffungswesen geprüft werden, um entsprechende Leitmärkte zu fördern und Investitionen anzuregen. Die Ökodesignverordnung sieht insoweit vor, dass für Beschaffungsverfahren solche Mindestanforderungen per delegiertem Rechtsakt festgelegt werden können.
Bewertung
Der BDE hat zu dem veröffentlichten Arbeitsprogramm eine geteilte Einschätzung. Grundsätzlich teilt der Verband die Auffassung, dass die erfassten Produktgruppen, gerade Textilien, besser für eine geeignete Wiederverwendung reguliert werden müssen. Allerdings ist zu bedauern, dass Textilien nicht, wie während der Stakeholder-Konsultation noch angekündigt, bereits Ende 2026 in den Arbeitsplan aufgenommen werden sollen. Auch hat sich der Verband in der Konsultation für eine Aufnahme von Batterien in den Arbeitsplan ausgesprochen, was von der Europäischen Kommission nicht berücksichtigt wurde.