Hintergrund
Bei der Anerkennung eines Projektes zur Gewinnung, Verarbeitung oder zum Recycling strategischer Rohstoffe durch die Europäische Kommission als „strategisch“ handelt es sich um das Kerninstrument des CRMA zur Förderung von Projekten von EU-weitem Belang im Hinblick auf die Stärkung des Industriestandortes Europa. Hierdurch wird eine EU-weite Anerkennung der strategischen Wichtigkeit eines Projektes gewährleistet. Darüber hinaus bedeutet die Anerkennung durch die Europäische Kommission als „strategisches Projekt“, dass die Vorhaben im nationalen Kontext von beschleunigten Genehmigungsverfahren profitieren: Die Verfahren dürfen dann maximal 15 Monate dauern. So sollen – als weiterer Vorteil, den die Europäische Kommission durch die Anerkennung bezweckt – zugleich Anreize für private Investitionen entstehen.
Unternehmen müssen für die Anerkennung durch die EU unter anderem nachweisen, dass das Projekt einen wesentlichen Beitrag zum Recycling strategischer Rohstoffe leistet und dass es in Bezug auf Umweltauswirkungen nachhaltig durchgeführt wird. Sollte ein Projekt im Rahmen eines der Ausschreibungsverfahren nicht als strategisch anerkannt werden, besteht stets die Möglichkeit, im Rahmen einer weiteren Ausschreibung einen neuen Antrag zu stellen.
Wesentlicher Inhalt des erforderlichen Antrags
Um von der Europäischen Kommission als strategisches Recyclingprojekt anerkannt zu werden, müssen im Rahmen der Antragstellung Angaben zum Projekt und zum Projektträger in insgesamt neun Abschnitten, in die sich das Antragsformular unterteilt, gemacht werden. Zunächst ist das Projekt insgesamt kurz zusammenzufassen. Hierbei ist die Relevanz des Projektes für die EU, einschließlich seiner Positionierung entlang der Wertschöpfungskette, darzustellen. Um als strategisch anerkannt werden zu können, muss ein Projekt über die Grenzen des jeweiligen Mitgliedstaates hinaus vorteilhaft sein. Es muss dargestellt werden, dass das Projekt einen Beitrag zur Erreichung die Ziele der EU im Hinblick auf die strategische Unabhängigkeit im Rohstoffsektor leistet. Hierbei ist der Antragstellende in seiner Argumentation jedoch frei. Insbesondere leistet zum Beispiel jedes Projekt zum Recycling eines strategischen Rohstoffes einen wichtigen Beitrag für die strategische Unabhängigkeit der EU im Rohstoffsektor. Darüber hinaus ist zu beschreiben, wie sich die Anerkennung als strategisches Projekt auf die Projektentwicklung auswirken würde. Hier können zum Beispiel beschleunigte Genehmigungsverfahren oder die Schaffung von Investitionsanreizen als positive Auswirkungen angeführt werden.
Weiterhin sind Angaben zur sogenannten UNFC-Klassifizierung zu machen. Bei dieser handelt es sich um ein projekt- und prinzipienbasiertes Klassifizierungssystem der Vereinten Nationen (UN) zur Bestimmung der ökologisch-sozioökonomischen Tragfähigkeit und der technischen Durchführbarkeit von Projekten im Zusammenhang mit Rohstoffen. Ein Rohstoffprojekt wird hierbei anhand der drei grundlegenden Kriterien ökologisch-sozioökonomische Tragfähigkeit (E), technische Durchführbarkeit (F) und Vertrauensgrad in die Prognose der Produktionsmenge (G) unter Verwendung eines numerischen Kodierungssystems klassifiziert. Durch den Rückgriff auf dieses international anerkannte System will die Kommission eine größere Vergleichbarkeit zwischen den verschiedenen Projekten gewährleisten.
Ein entscheidender Punkt des Antragsformulars betrifft sodann die durch das Recyclingprojekt betroffenen strategischen Rohstoffe. Je mehr strategische Rohstoffe im Rahmen des Projekts recycelt werden sollen oder je größer die Recyclingkapazität in Bezug auf einen strategischen Rohstoff ist, desto wichtiger ist der Beitrag zur Förderung des Recyclings innerhalb der EU und desto größer sind die Chancen, als strategisches Projekt anerkannt zu werden. Im Rahmen dieses Abschnittes sind weiterhin konkrete Angaben zu dem Materialeinsatz, dessen Herkunft, der jährlichen Produktion sowie dem strategischen Rohstoffgehalt in Prozent zu machen. Im Rahmen jedes Abschnittes besteht zudem die Möglichkeit, weitere Informationen in einem zusätzlichen Dokument hochzuladen.
Anschließend sind möglichst detaillierte Informationen zur technischen Machbarkeit des Projekts zur Verfügung zu stellen. In diesem Abschnitt wird nach einer möglichst detailreichen Beschreibung der im Projekt vorgesehenen technischen Prozesse und der möglichen Risiken im Zusammenhang mit der Methode und Technologie sowie nach vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen gefragt. Auch sind Rechte an geistigem Eigentum in Bezug auf die verwendete Technologie anzugeben, um etwaige immatertialgüterrechtliche Konflikte zu vermeiden. Des Weiteren sind bereits identifizierte oder mögliche Risiken anzugeben (z. B. mögliche Handelsbeschränkungen). Aspekte wie der Zugang zu sensiblen Daten, Datenschutz, Cybersicherheit, die Verhinderung der unbefugten Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen und das mögliche Durchsickern sensibler Informationen sind zu berücksichtigen. Zu beachten ist, dass der Antragstellende keinen Vorgaben unterliegt, was den Umfang der zur Verfügung gestellten Informationen betrifft. Je detailreicher und konkreter die Darstellung des anzuerkennenden Projektes jedoch ist, desto mehr steigen die Chancen, eine Anerkennung als „strategisch“ zu erhalten.
Die weiteren Angaben zur technischen Durchführbarkeit betreffen Informationen zur Infrastruktur und zum potenziellen Bedarf an Infrastrukturunterstützung (Strom- und Wasseranschluss, Straßen, Schienen, Hafenzugang). Daneben sind Auskünfte darüber hilfreich, was gegebenenfalls noch getan werden müsste, um den notwendigen Infrastrukturbedarf zu decken. Dazu könnten zum Beispiel Strom- und Wasseranschlüsse sowie der Zugang zu Straßen, Schienen oder einem Hafen gehören. Die erwartete Outputmenge des Projekts sollte mit einem ausreichenden Maß an Zuverlässigkeit geschätzt werden können. Auch hier sind möglichst genaue Nachweise/Belege sehr vorteilhaft. Schließlich sollten als Beleg verfügbare Studien zur technologischen Reife des Projekts (Durchführbarkeitsstudien) vorgelegt werden.
Außerdem ist erforderlich, die wirtschaftliche Machbarkeit eines Projekts zu beschreiben. Dazu ist zunächst der Geschäftsplan des Projekts vorzulegen. Es folgt die Zusammenfassung des Wertbeitrags des Projekts, einschließlich der Unternehmensstrategie, des Vermarktungskonzepts, der Marktanalyse einschließlich der Zielmärkte, der wichtigsten Kunden und der wichtigsten Wettbewerber. Der Antragstellende muss Angaben zu der Finanzierung des Projekts machen, einschließlich der geplanten Investitionsausgaben (CAPEX) und Betriebsausgaben (OPEX) in den verschiedenen Phasen der Projektentwicklung. Auch hier sind die wichtigsten Risiken (Markt-, Kredit- und Liquiditätsrisiken) zu benennen, die die finanzielle Lebensfähigkeit des Projekts beeinträchtigen könnten, ebenso wie Maßnahmen zur Risikominderung.
Die Europäische Kommission fragt darüber hinaus nach ausführlichen Angaben zur Versorgungssicherheit und zu grenzüberschreitenden Vorteilen. Hier soll die Strategie für die Beschaffung strategischer Rohstoffe und für die Sicherung von Abnehmern für die erzeugten strategischen Rohstoffe dargestellt werden. Informationen zu den Rohstofflieferanten, dem Umfang der Verpflichtungen, den betreffenden Mengen und den abgedeckten Zeitraum sollen erteilt werden. Außerdem ist in diesem Abschnitt mitzuteilen, ob man am gemeinsamen Beschaffungsmechanismus im Rahmen des CRMA interessiert sei. Die Europäische Kommission wird in diesem Zusammenhang ein System einrichten, um die Nachfrage interessierter Unternehmen mit Sitz in der EU, die strategische Rohstoffe verbrauchen, zu bündeln, und Angebote einzuholen, um dieser aggregierten Nachfrage nachzukommen.
Schließlich beinhaltet der letzte große Abschnitt des Antragsformulars Angaben zu der Nachhaltigkeit des Projekts. Zunächst ist über die Verwendung international anerkannter Zertifizierungssysteme zur Zertifizierung der Nachhaltigkeit zu unterrichten. Diesbezüglich werden keine bestimmten Zertifizierungssysteme priorisiert, alle international anerkannten Systeme (etwa ISO 14001 oder EMAS) können angegeben werden. Die Maßnahmen zu der Überwachung, Vermeidung und Minimierung von Umweltauswirkungen sind zusammenzufassen und, sofern vorhanden, sollte der Bericht über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eingereicht werden.
Die notwendigen Angaben zur Nachhaltigkeit des Projekts umfassen darüber hinaus auch eine Zusammenfassung der Maßnahmen zu der Verhinderung und Vermeidung nachteiliger sozialer Auswirkungen, insbesondere durch Anwendung sozial verantwortlicher Praktiken. Die lokalen betroffenen Gemeinschaften und die relevanten Sozialpartner sind einzubinden; zudem ist über die konkreten Maßnahmen zur Förderung öffentlicher Akzeptanz zu berichten. Von Bedeutung ist auch die Verschaffung eines Überblicks über die potenziellen Arbeitsplätze, die durch das Projekt (direkt und indirekt) geschaffen werden sowie über deren Bereiche.
Bewertung
Der BDE begrüßt den CRMA und die damit verfolgte Förderung des Recyclings kritischer Rohstoffe außerordentlich. Der Hauptkritikpunkt des BDE in Bezug auf den CRMA betrifft die Finanzierung strategischer Projekte, da konkrete Mittel aus bestehenden oder neu zur Verfügung zu stellenden Unionsmitteln insgesamt fehlen. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Anerkennung eines Recyclingprojektes als „strategisch“ eine noch größere Bedeutung, als sie es ohnehin nach dem Verordnungstext hätte. Da es an unmittelbaren Finanzierungsinstrumenten im Rahmen des CRMA fehlt, stellt die Anerkennung strategischer Projekte das wichtigste Instrument dar, um zumindest mittelbar private Investitionen in die zu fördernden Technologien zu ermöglichen. Deshalb ist es Unternehmen dringend anzuraten, diese Möglichkeit wahrzunehmen und bei einschlägigen Recyclingprojekten einen Antrag auf deren Anerkennung als strategisch zu stellen.
In diesem Zusammenhang sollte von allen Optionen Gebrauch gemacht werden, die der CRMA zur Förderung von Projekten anbietet. Demnach sollte bei der Antragstellung angegeben werden, dass man die Finanzierung des Projekts mit der speziell dafür eingerichteten Untergruppe zur Projektfinanzierung des europäischen Ausschusses für kritische Rohstoffe (Critical Raw Materials Board) zu erörtern beabsichtigt. Der europäische Ausschuss für kritische Rohstoffe, den der CRMA einführt, setzt sich aus Vertretern aller Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission zusammen, wobei die Kommission den Vorsitz führt. Diesem Ausschuss werden in der Verordnung verschiedene Aufgaben zugewiesen, nicht zuletzt hinsichtlich der Koordinierung und der Hilfestellung bei der Finanzierung eines strategischen Projektes.
Ausblick
Die Europäische Kommission führt regelmäßig und in relativ kurzen Zeitabständen Ausschreibungen durch. Dabei ist es stets möglich, Anträge zu stellen. Diese werden dann bis zu einem bestimmten Stichtag gebündelt und daraufhin geprüft. Der nächste Stichtag steht noch nicht exakt fest. Er soll jedenfalls im 1. Quartal 2025 liegen.