INTERPOL-Bericht über illegale Trends auf dem globalen Markt für Kunststoffabfälle

Die Abhängigkeit von Chinas Recyclingsektor führte zu Verschiebungen im globalen Handelsgefüge für Altkunststoffe

03.09.2020

Kunststoffabfälle sind wohl die am meisten medial beachtete Abfallart unserer Zeit.

Viele Diskussionen um Mengen, Umweltverschmutzung, Recycling, Import und Export von Abfällen drehen sich im Kern um Kunststoffe.

Durch ihre vielen nützlichen Eigenschaften sind Kunststoffe heute praktisch nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken.

Im Verhältnis zur gesamten Abfallmenge, ist das Aufkommen an Plastikmüll eher gering, aber dafür stetig und weltweit wachsend.

In der Anwendung erwünschte Eigenschaften, machen eine Missbewirtschaftung von Altkunststoff jedoch besonders problematisch für Umwelt und Gesundheit.

Um zu verstehen, wie sich illegale Aktivitäten in diesem Zusammenhang zuletzt entwickelt haben und um Akteure und wirksame Gegenmaßnahmen zu identifizieren, hat INTERPOL im August 2020 eine umfangreiche Untersuchung veröffentlicht.

Lange Zeit war China der Hauptabnehmer für Kunststoffabfälle aus aller Welt.

Seit Anfang der 90er Jahre importierte China fast die Hälfte des gesamten globalen Kunststoffabfalls.

Insgesamt über 112 Millionen Tonnen im Wert von rund 61 Milliarden US-Dollar.

Exporte von Kunststoffabfällen nach China global Deutschland Welt

Mit Inkraftsetzung der Importrestriktionen (auch) für Altkunststoffe, zeigte sich 2018, wie abhängig der globale Markt bis dahin von Chinas Recyclingsektor war.

Schlüsseltrends aus dem Bericht

  • Exporte von Kunststoffabfall nach China sind seit 2018 massiv gesunken oder ganz eingestellt worden.
  • Durch mehrfaches Umleiten und Transit wird die Herkunft illegaler Abfalltransporte verschleiert.
  • Seit Januar 2018 wurden auf 20 Prozent (52 von 257) der Transportrouten illegale Abfalltransporte festgestellt.
  • Gleichzeitig haben die Importrestriktionen zu einem Ausweichen von Importeuren in Länder mit weniger Kontrollen, vor allem in Südostasien geführt.
  • Die illegale Abfallbehandlung in nicht autorisierte Recyclinganlagen hat zugenommen.
  • In einigen Herkunftsländern stiegen die Fälle illegaler Abfallbehandlung.
  • Ein Anstieg bei der Falschdeklaration von Transporten wurde festgestellt.
  • Es kam zu einem Anstieg von Bränden (absichtlich und unabsichtlich) in genehmigten und nicht-genehmigten Behandlungsanlagen.
  • Der Anstieg der Mengen, führt vermehrt zu illegaler Lagerung, Deponierung, Verbrennung in 40 Prozent der Länder.

Betroffene Länder waren hier...

  • Australien (illegale Deponierung/Lagerung),
  • Chile (illegale Deponierung/Lagerung und Müllfeuer),
  • Frankreich (illegale Deponierung/Lagerung),
  • Irland (ungenehmigter Betrieb von Recyclinganlagen),
  • Italien (illegale Ablagerung, ungenehmigter Betrieb von Recyclinganlagen und Müllfeuer),
  • Malawi (illegale Ablagerung),
  • Malaysia (ungenehmigter Betrieb von Recyclinganlagen),
  • Schweden (illegale Deponierung/Lagerung, Ablagerung und Müllfeuer),
  • Slowakei (illegale Ablagerung),
  • Spanien (Müllfeuer),
  • Thailand (illegale Ablagerung, ungenehmigter Betrieb von Recyclinganlagen),
  • Tschechien (illegale Deponierung/Lagerung).

Beispiel Indonesien

2019 wurden 1.095 Container mit Kunststoffabfällen nach Indonesien importiert und überprüft. 433 bzw. 45 Prozent davon waren falsch deklariert und eine Rückführung in das Exportland wurde eingeleitet.

Beispiel Malaysia

Im Zuge der chinesischen Exportrestriktion, wurde Malaysia schlagartig das Hauptzielland für Kunststoffabfälle aus aller Welt.

Als erste Maßnahme wurden daher zwischen Juli und Oktober 2018 Importe von Kunststoffabfällen verboten.

Infolgedessen sanken die legalen Importe, unmittelbar stiegen jedoch die illegalen Transporte.

Als weitere Maßnahme begann Malaysia im letzten Quartal 2019 damit, 150 Container mit rund 4.000 Tonnen Plastikmüll wieder in die Herkunftsländer zurück zu schicken.

43 Container gingen zurück nach Frankreich, 42 nach Großbritannien, 17 in die USA und 11 nach Kanada.

Die restlichen Staaten waren Spanien, Hong-Kong, Japan, Singapur, Portugal, China, Bangladesch, Sri Lanka und Litauen.

Beispiel Frankreich

Im Zusammenhang mit den illegalen Plastikmüllexporten nach Malaysia, verhängten französische Behörden ein Rekordbußgeld von 192.000 Euro gegen den verantwortlichen Händler.

Gleichzeitig gaben größere französische gewerbliche Abfallerzeuger bekannt, die Überwachung der Entsorgung und Sicherstellung der Einhaltung von Umweltstandards auszubauen.

Abschließend

Der INTERPOL-Bericht beinhaltet detailliert die relevanten Probleme im Zusammenhang mit dem illegalen Import und Export von Kunststoffabfällen.

Die gesamten Ergebnisse der 61 Seiten an dieser Stelle darzustellen würde hier den Rahmen sprengen, aber ein Blick hinein lohnt sich für alle an dem Thema Interessierte auf jeden Fall.

Als Verband sehen wir uns durch den Bericht in unseren bereits länger vorgebrachten Punkten vollumfänglich bestätigt:

  1. Es handelt sich um ein globales Problem.
     
  2. Illegale Abfalltransporte verhindert man nicht, in dem man legale verbietet oder weiter erschwert. Im Gegenteil, dadurch steigt ihre Profitabilität.
     
  3. Das gesetzliche Regelwerk ist da, muss aber durchgesetzt werden.

    Wie am Beispiel Malaysia und Frankreich gezeigt, sind Kontrollen im Zusammenspiel von Ziel- und Empfängerland wirksam um, - wie bei jeder Form internationaler Kriminalität - diese aufzudecken, zu verfolgen, publik zu machen und letztlich zu unterbinden.

    Damit werden gleichzeitig Abfallerzeuger sensibilisiert, dass sie die Verantwortung für die gesetzeskonforme Entsorgung ihrer Abfälle tragen.
     
  4. Regionales Recycling muss so attraktiv werden, dass sich verschiffen nicht mehr lohnt.
     
  5. Regionen, in denen es gar keine oder keine ausreichende Entsorgungsinfrastruktur gibt, müssen beim Aufbau von Kapazitäten unterstützt werden.

    Die Technologie und das Knowhow ist dafür bereits heute vorhanden.

    Das hilft nicht nur der Umwelt, sondern schafft Arbeitsplätze und nachhaltiges Wachstum.
     
  6. Ein Verbot der Deponierung unbehandelter Siedlungsabfälle würde den für Verursacher "billigsten" und für die Umwelt teuersten Entsorgungsweg schließen.