Kritische Entsorgungssituation für teerhaltigen Straßenaufbruch

Pauschale Beschränkung auf thermische Behandlung von teerhaltigem Straßenaufbruch steht im Widerspruch zu Klimaschutz und Ressourceneffizienz.

08.01.2020

Aufgrund des vom Bundesrechnungshof verfassten Prüfergebnisses Nr. 05 aus dem Jahr 2013 „Bund sollte keine krebserregenden Stoffe mehr in seine Straßen einbauen“ und des daraufhin vom BMVI verfassten „Allgemeinen Rundschreibens Straßenbau 16/2015“ wird in einigen Bundesländern die Entsorgung von teer-/pechhaltigem Straßenaufbruch ausschließlich mittels thermischer Behandlung ausgeschrieben.

Auf Ebene der Bundes- und Fernstraßen wird eine Verwendung von teer-/pechhaltigem Straßenaufbruch zur Verwertung bzw. Beseitigung auf Deponien damit konsequent ausgeschlossen, ebenso die erneute Verwendung im Straßenbau. Auf Grundlage des veröffentlichten „Allgemeinen Rundschreibens“ wird nicht nur auf Bundesebene, sondern auch zunehmend in den Städten und Gemeinden die thermische Behandlung vorgegeben.   

Auf Grund dessen stellen wir in Deutschland bereits seit Längerem eine kritische Entsorgungssituation für teer-/ pechhaltigen Straßenaufbruch fest, die sich in den letzten Monaten deutlich verschärft hat. Zukünftig stehen umfangreiche Straßensanierungsarbeiten an, so dass sich die kritische Entsorgungslage mit Sicherheit noch weiter zuspitzen wird. Es müssen daher kurz- und mittelfristig pragmatische Lösungen gefunden und umgesetzt werden.

In Deutschland existieren aktuell keine Kapazitäten zur thermischen Behandlung von teer-/ pechhaltigem Straßenaufbruch.  Der bundesweit anfallende teerhaltige Straßenaufbruch - ca. 2-2.5 Mio. Jahrestonnen - kann derzeit ausschließlich in spezielle thermische Behandlungsanlagen in die Niederlande verbracht werden. Dies führt zu unverhältnismäßig langen Transportwegen, die sich in der Ökobilanz, aber auch wirtschaftlich niederschlagen. Die Anlagen verfügen lediglich über thermische Behandlungskapazitäten von ca. 850.000 Tonnen pro Jahr.

Aktuelle Bedarfsentwicklungen in den Niederlanden und hohe Lagerbestände vor den Anlagen haben die Umweltbehörden vor Ort dazu bewogen, die Annahmekapazitäten deutlich zu beschränken und vornehmlich für landeseigene Mengen frei zu geben. Neue Importe aus Deutschland, Belgien und Frankreich in die niederländischen Anlagen werden somit aktuell und auch in näherer Zukunft kaum genehmigt. Obwohl ein Anlagenausbau am Standort Rotterdam im November 2018 begonnen wurde, ist mit einer Integration ins Netz frühestens ab dem Jahr 2021 zu rechnen. Abgesehen davon würde auch diese nicht ausreichen, um kurz- bis mittelfristig alle anfallenden Mengen des europäischen Markts zu behandeln.  

Alternativlösungen zur thermischen Behandlung

Der BDE vertritt daher die Ansicht, dass weitere Entsorgungsalternativen von deutscher Seite geprüft werden sollten, weil eine prinzipielle Beschränkung auf die ther­mische Behandlung im Ausland nicht nur weiter in die Abhängigkeit drängt, sondern auch den drohenden Entsorgungsnotstand in Deutschland nicht auflöst.

Bei den umfangreich anstehenden Sanierungsarbeiten im Straßenbau sollte es bis zur endgültigen Inbetriebnahme einer nationalen Anlage für die thermische Verwertung weiterhin möglich sein, aufbereiteten, teerhaltigen Straßenaufbruch als Tragschicht im Straßenbau wieder einzubauen und somit Primärbaustoffe zu substituieren. Auch der Einsatz als Deponieersatzbaustoff oder die Beseitigung auf Deponien müssen mögliche Entsorgungsoptionen bleiben. Eine langfristige Lösung kann im Aufbau eigener thermischer Behandlungsanlagen liegen. Hierfür müssen aber mittelfristig die entsprechenden politischen Weichen auf Bundes- und Landesebene gestellt werden.

Das OLG München hat unsere Sichtweise mit seiner Entscheidung (09.03.2018 – Verg. 10/17) zu einem Vergabenachprüfungsverfahren bestätigt und die verbindliche Vorgabe der thermischen Behandlung durch die Vergabestelle (Staatliches Bauamt Würzburg) kritisiert.

Darüber hinaus hat das vom BDE beauftragte Institut für Energie- und Umweltforschung in einem Gutachten (aus Mai 2017) festgestellt, dass die Verwertung im Deponiebau ökologisch sinnvoller sein kann, wenn auch die langen Transportwege für die thermische Behandlung in den Niederlanden in der Ökobilanz berücksichtigt werden.

Weiterhin gibt es ein Schreiben der Obersten Bayerischen Baubehörde vom 29.11.2017, in dem der Wiedereinbau des aufbereiteten pechhaltigen Straßenaufbruchs in Bezug auf bayerische Staatsstraßen (Landesstraßen) sogar für zulässig erklärt wird.

Fazit

Die durch das ARS 16/2015 angeordnete Praxis – das Verbot des Wiedereinbaus – sorgt z. Zt. für eine erhebliche wirtschaftliche Belastung, die sich in hohen Kosten für die Zwischenlagerung sowie für den Transport zur thermischen Behandlung in den Niederlanden widerspiegeln. Dies kann nicht im gemeinsamen Interesse aller am Bau der Infrastruktur Beteiligten sein.

Die pauschale Beschränkung auf die rein thermische Behandlung von teer/-pechhaltigem Straßenaufbruch steht in den Auswirkungen auch im Widerspruch zu den Zielen im Klimaschutz und der Ressourceneffizienz.

Die Einschätzung des Bundesrechnungshofes aus dem Jahr 2013 und die damit einhergegangene Anweisung des BMVI aus dem „Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau 16/2015“ muss grundsätzlich neu bewertet und angepasst werden.