Bauprodukteverordnung

Vorläufige Einigung bei der Bauprodukteverordnung

Der Text der vorläufigen Einigung der revidierten Bauprodukteverordnung wurde am 01. Februar 2024 von der EU veröffentlicht.

 

Hintergrund
Bereits Ende März 2022 legte die Europäische Kommission ihren Vorschlag für eine revidierte Bauprodukteverordnung (Construction Products Regulation, CPR) vor, in der die harmonisierten Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten in der EU angepasst werden sollten. Das Europäische Parlament und der Rat der Mitgliedstaaten verhandelten seit Juli des letzten Jahres über den Verordnungsentwurf und erzielten am 13. Dezember 2023 einen Kompromiss. Am 01. Februar 2024 wurde der Text der vorläufigen Einigung veröffentlicht und kurze Zeit später, am 13. Februar 2024, im federführenden Binnenmarktausschuss angenommen. Die revidierte Verordnung erwartet nun die formelle Bestätigung durch das Plenum des Europaparlaments und die Mitgliedstaaten im Rat der EU.


Wesentlicher Inhalt
Die Bauprodukteverordnung zielt darauf ab, die gegenseitige Anerkennung von Bauprodukten in der gesamten EU zu erleichtern und die Qualität, Sicherheit und Nachhaltigkeit dieser zu gewährleisten. Dafür müssen noch verbindliche Standards geschaffen werden. Zu diesem Zweck wird die Europäische Kommission Normungsaufträge an europäische Normungsinstitute geben, die die Leistungsanforderungen für Bauprodukte oder Produktfamilien spezifizieren sollen. Da diese Normen nicht verbindlich sind, wird die Europäische Kommission sie im Anschluss durch den Erlass entsprechender Durchführungsrechtsakte bindend machen. Hier hat sie die Möglichkeit, Normen, die nicht alle Aspekte ausreichend umfassen oder Standards nicht entsprechen, nur partiell anzunehmen oder diese um eigene Bestimmungen zu ergänzen. Sollten die Normungsinstitute Normungsaufträge der Europäischen Kommission ablehnen oder Normen nicht schnell genug vorgelegt werden, kann die Kommission alternativ harmonisierte technische Spezifikationen erlassen. Beide, die Normen und die harmonisierten technischen Spezifikationen, werden unter anderem Nachhaltigkeits- und Recyclinganforderungen festlegen, die neben Langlebigkeit, Energie- und Ressourceneffizienz, Reparierbarkeit, Wiederverwendungsmöglichkeiten auch die Recyclebarkeit und den Rezyklateinsatz umfassen können.

Für die Normungsaufträge sowie das Design der harmonisierten technischen Spezifikationen durch die Europäische Kommission legt der Text der vorläufigen Einigung einen verpflichtenden Stakeholderaustausch fest. Dafür wird die mit Sachverständigen der Mitgliedstaaten, Vertretern der Europäischen Normungsinstitute und europäischen Interessenverbänden besetzte CPR Acquis Expert Group gegründet. Konsultiert werden soll die Expertengruppe hinsichtlich des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission, der Normungsaufträge sowie für die harmonisierten technischen Spezifikationen.

Zusätzliche Umweltverpflichtungen für Hersteller, wie sie der Kommissionsvorschlag vorgesehen hatte, wurden nicht in die vorläufige Einigung aufgenommen. Art. 22, der Hersteller dazu verpflichtet hätte, recycelbare Materialien zu bevorzugen und einen Mindestrezyklateinsatz einzuführen, wurde aus dem Gesetzestext vollständig entfernt.

Um insbesondere den Markt für nachhaltige und recycelte Baustoffe zu fördern, werden in der vorläufigen Einigung verbindliche Regelungen für die ökologische öffentliche Beschaffung eingeführt. Dafür erhält die Kommission die Befugnis, in delegierten Rechtsakten technische Spezifikationen oder Auswahlkriterien für die öffentliche Auftragsvergabe festzulegen. Es gibt jedoch auch Ausnahmen: Mitgliedstaaten können von den Vorgaben abweichen, wenn es keine geeigneten Angebote gibt oder die Kosten unverhältnismäßig hoch wären, beispielsweise bei einer Kostensteigerung von über 10%. Darüber hinaus wurde auch die Einführung eines Digitales Produktpasses beschlossen.


Bewertung
Primär werden die nachgeschärften Nachhaltigkeitskriterien, die in die Leistungsanforderungen integriert werden sollen, die Recyclingindustrie an entscheidender Stelle fördern. Der explizite Bezug auf Wiederverwendungsmöglichkeiten, Recyclebarkeit und Rezyklateinsatz wurde vom BDE seit geraumer Zeit gefordert und die Umsetzung ins EU-Recht beweist, dass auch die EU erkannt hat, wie wichtig solche Anforderungen für eine Kreislaufwirtschaft im Bausektor sind. Dass darüber hinaus auch ein Stakeholderaustausch, unter anderem mit der Recyclingwirtschaft, verbindlich eingeführt wird, befürwortet der BDE ebenfalls. Das wird die Normen und die harmonisierten technischen Spezifikationen praxistauglich und funktionaler gestalten, aber auch das  Demokratiedefizit der EU aktiv verringern.

Ausgesprochen negativ bewertet der BDE hingegen die Streichung des Art. 22. An dieser Stelle hätte die EU die Möglichkeit gehabt, die Hersteller über die reinen Produktanforderungen hinaus dazu zu verpflichten, dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft zu folgen und somit Wiederverwendungsmöglichkeiten, die Recyclebarkeit und den Rezyklateinsatz zu fördern. Dies hätte auch dazu beigetragen, das Vertrauen in Recyclingbauprodukte im Markt auszubauen. Leider hat sich die EU gegen eine solche Verstärkung entschieden. Damit fehlt es an einem wichtigen Anreiz für die Hersteller von Bauprodukten, Rezyklate zu verwenden, was wiederum zu Investitionen in das Recycling geführt und die Kreislaufwirtschaft gestärkt hätte.

Was die verbindlichen Vorgaben für die ökologische öffentliche Beschaffung betrifft, wurden nicht alle Erwartungen des BDE erfüllt. Obwohl es nun bindende Kriterien für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung geben soll, werden diese durch übermäßig großzügige Ausnahmeregelungen untergraben. Zwar stellt die Revision an dieser Stelle grundsätzlich einen Fortschritt dar, jedoch hätte die Umsetzung konsequenter erfolgen sollen.

 

Zeitplan
• Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments: voraussichtlich noch im März 2024
• Abstimmung im Rat der Mitgliedsstaaten: erstes Halbjahr 2024
• Finaler Rechtsakt: die Verordnung tritt 20 Tage nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft
• Durchführungs-/delegierte Rechtsakte: ab 2025

 

Download BDE/VOEB Europaspiegel Februar 2024

Marlena Mazura

Europareferentin für Abfall-, Umwelt- und Energiepolitik