Richtlinie zur Bodenüberwachung und -resilienz

Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie zur Bodenüberwachung und -resilienz

Laut der Europäischen Kommission sind mehr als 60% der europäischen Böden geschädigt und wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass sich die Lage noch weiter verschlechtern wird. Die nicht nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen der EU sowie insbesondere die Schädigung und Verschmutzung der Böden gehören zu den wichtigen Ursachen für die Klima- und die Biodiversitätskrise. Um diesen Problemen zu begegnen und um die Qualität der Böden innerhalb der EU zu verbessern, hat die Europäische Kommission am 5. Juli 2023 einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Bodenüberwachung veröffentlicht.

 

Wesentlicher Inhalt
Übergeordnetes Ziel des Richtlinienvorschlages ist es, im Einklang mit dem Null-Schadstoff-Ziel der EU (Zero Pollution Action Plan) bis 2050 einen gesunden Zustand aller Böden in der EU zu erreichen. Hierfür soll die Bodenüberwachungsrichtlinie einen umfassenden und kohärenten Rahmen festlegen und Vorschriften für eine nachhaltige Bodenbewirtschaftung und für die Sanierung kontaminierter Standorte enthalten. 

Die Mitgliedstaaten sollen zunächst den Zustand aller Böden in ihrem Hoheitsgebiet überprüfen und anschließend bewerten (Art. 6 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1). Die Bewertung findet anhand der in Anhang  I aufgeführten Bodendeskriptoren und Bodengesundheitskriterien statt. Böden gelten hierbei im Grundsatz nur dann als gesund, wenn sie sämtliche Anforderungen aller in Anhang I aufgeführten Bodendeskriptoren erfüllen (Art. 9 Abs. 2), wie etwa im Hinblick auf den Grad der Versalzung und der Bodenerosion. Anhang I sieht nur sehr wenige Ausnahmen von diesem Grundsatz vor. Demzufolge gelten Böden bereits dann als ungesund, wenn eines der Kriterien für die Bewertung der Bodengesundheit gem. Art. 9 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang I, Teil A und B nicht erfüllt ist, also zum Beispiel der Maximalwert für extrahierbaren Phosphor erreicht wird. Dieser Maximalwert ist von dem jeweiligen Mitgliedstaat in einem Bereich zwischen 30-50 Milligramm pro Kilogramm festzulegen. Überdies sollen nach dem Kommissionsvorschlag Bodenmessungen mindestens alle fünf Jahre durchgeführt werden (Art. 8 Abs. 5), ebenso wie eine dazugehörige Bodengesundheitsbewertung (Art. 9 Abs. 1).  

Unter Berücksichtigung von Typ, Nutzung und Zustand der Böden sollen Maßnahmen für eine nachhaltige Bodenbewirtschaftung durch die Mitgliedstaaten ergriffen werden. Diese Maßnahmen sollen den Grundsätzen des Anhangs III entsprechen, wie etwa Minimierung physischer Bodenstörungen sowie Anpassung des Bedarfes der Pflanzen und Bäume an den jeweiligen Standort. 

Abschließend regelt die Richtlinie den Umgang mit kontaminierten Standorten. Zunächst sollen die Mitgliedstaaten kontaminierte Standorte ermitteln (Art. 13 Abs.1), welche dann in ein öffentliches Register eingetragen werden (Art. 16). Abschließend sollen Maßnahmen zur Risikominderung ergriffen werden (Art. 15 Abs. 4).

Die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht soll schließlich durch bestehende Finanzierungsprogramme der EU unterstützt werden.

Bewertung  
Der BDE begrüßt grundsätzlich den Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie zur Bodenüberwachung. Eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen der EU, zu denen unsere Böden gehören, ist für die Erreichung der Umwelt- und Klimaziele der EU unerlässlich. Es ist daher erfreulich und notwendig, dass sich die Europäische Kommission die Verbesserung der Bodengesundheit zum Ziel genommen hat. 

Die Entsorgungsbranche trägt in großem Maße zu einer Erreichung gesunder Böden innerhalb der EU bei. Eine gute Bodenqualität und die Versorgung mit Nährstoffen und organischen Stoffen wird durch Kompostierung, Bioabfallbehandlung und Düngemittelherstellung gewährleistet. Von besonderer Bedeutung in diesem Zusammenhang ist die Herstellung von Kompost. Kompost stellt dem Boden während des Abbaus schrittweise Stickstoff zur Verfügung, der zu 80-90% in organischer Form vorliegt. Er hat eine lang anhaltende Düngewirkung, ermöglicht die Bildung von Humus, verbessert die Kohlenstoffbindung, verhindert die Versalzung des Bodens, verringert die Erosion und senkt die Konzentration von Reinnährstoffen. Außerdem wird der Einsatz von Pestiziden reduziert. 

So werden beispielsweise in Deutschland bei voller Ausnutzung des Kompostierungspotenzials durch die Bildung von 1,24 Millionen Tonnen Humus rund 0,62 Millionen Tonnen Kohlenstoff gebunden, was einer Vermeidung von 2,26 Millionen Tonnen CO2-Emissionen entspricht. Darüber hinaus macht die Düngung mit Kompost einen Teil der Produktion von synthetischen Mineraldüngern überflüssig, was ebenfalls zur Vermeidung von CO2-Emissionen führt. 

In Bezug auf die konkreten Inhalte des Richtlinienvorschlages hat der Verband, neben einer grundsätzlichen Befürwortung, auch einige Kritikpunkte. Die in Art. 9 vorgesehene Bestimmung, wonach Böden als ungesund gelten, wenn bereits eines der Kriterien nicht erfüllt ist, ist abzulehnen. Eine solch strikte Regelung trägt den Besonderheiten der einzelnen Böden nicht ausreichend Rechnung. Um einen Boden als gesund oder ungesund einstufen zu können, muss eine umfassende Analyse durchgeführt werden, die den Besonderheiten des jeweils betroffenen Bodens Rechnung trägt. Es ist unsachgemäß, eine solch weitreichende Entscheidung davon abhängig zu machen, ob ein einziges Kriterium erfüllt ist oder nicht. Vielmehr sollte die zuständige nationale Behörde eine endgültige Entscheidung im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller relevanten Kriterien treffen können. Hierbei und auch insgesamt muss nationalen Behörden ein Ermessensspielraum eingeräumt werden, um auch den nationalen Rechtsrahmen im Hinblick auf die Bodenüberwachung berücksichtigen zu können.  

Zudem sollte die Definition nachhaltiger Bodenbewirtschaftungsmethoden von den Mitgliedstaaten festgelegt werden, um hierbei ebenfalls nationalen Unterschieden im Hinblick auf die Bodenqualität hinreichend Recgnung tragen zu können.  

Abschließend sollten das in Artikel 16 vorgesehene Register und die diesbezüglichen Informationen nicht frei veröffentlicht werden. Informationen zu kontaminierten Standorten könnten auch sensible Geschäftsdaten enthalten, die es zu schützen gilt. 

 

Zeitplan
Über den Berichtswentwurf von MdEP Martin Hojsík (Renew, Slowakei) wurde jedoch noch nicht abgestimmt; ein Datum für die Abstimmung wurde ebenfalls noch nicht terminiert. Auch der Rat hat sich noch nicht zum Kommissionsvorschlag positioniert, sodass eine Einigung über dieses Dossier in dieser Legislaturperiode nicht mehr erfolgen wird. 

 

Download BDE/VOEB Europaspiegel Februar 2024

Michael Iordache

Legal Advisor, Europareferent - Wettbewerb, Binnenmarkt, Steuern und Abfallverbringung