CO2-Entnahmezertifizierung

Vorläufige Einigung bei der freiwilligen Zertifizierung von CO2-Entnahme

Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union haben sich auf eine Verordnung für CO2-Entnahmezertifizierung geeinigt. Die Verordnung schafft einen sicheren Rechtsrahmen für die freiwillige Zertifizierung von CO2-Entnahmen.

 

Hintergrund
Am 30. November 2022 schlug die Europäische Kommission eine Verordnung für CO2-Entnahmezertifizierung (Certification framework for carbon removals) (siehe Europaspiegel vom Juni 2023) vor. Mit der Verordnung wird eine freiwillige CO2-Entnahmezertifizierung geschaffen, die den CO2-Abbaumarkt fördern und so zur Erreichung der EU-Klimaneutralität in 2050 beitragen soll. Das Europäische Parlament und der Rat als Vertretung der Mitgliedstaaten haben sich am 19. Februar 2024 unter der Moderation der Europäischen Kommission in den Trilogverhandlungen auf einen Kompromiss geeinigt. Der Text der vorläufigen Einigung liegt derzeit noch nicht vor.


Wesentlicher Inhalt
Die Verordnung wird freiwillige Zertifizierungen für eine Reihe von CO2-Entnahmemethoden ermöglichen:

1. Dauerhafter Abbau von atmosphärischem oder biogenen CO2
2. Temporäre CO2-Speicherung in langlebigen Produkten
3. Klimaeffiziente Landwirtschaft
4. Verringerung von Bodenemissionen

Die Verringerung von Bodenemissionen als zertifizierbare Möglichkeit der CO2-Entnahme war im Kommissionsvorschlag noch nicht vorgesehen und in den Trilogverhandlungen hinzugefügt. Für jede dieser Methoden werden von der Europäischen Kommission und einer Expertengruppe zukünftig spezifische Kriterien in delegierten Rechtsakten festgelegt. Diese Kriterien bewerten die Quantifizierung, Zusätzlichkeit der CO2-Entnahme (über gesetzliche Verpflichtungen hinaus), langfristige Speicherung sowie Nachhaltigkeit der Entnahmemethoden und legen anschließend Mess- und Berechnungsmethoden für die Zertifizierung fest.

Während der Trilogverhandlungen wurde beschlossen, dass für die Zertifizierung des dauerhaften CO2-Abbaus eine Lagerung über mehrere Jahrhunderte erforderlich ist. Für die temporäre Speicherung in langlebigen Produkten wurde eine Mindestspeicherdauer von 35 Jahren festgelegt, während für klimaeffiziente Landwirtschaft und die Reduzierung von Bodenemissionen eine Speicherdauer von mindestens 5 Jahren vorgeschrieben ist. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass bei den Entnahmemethoden 3 und 4 sichergestellt werden muss, dass sie stets auch einen positiven Nebeneffekt für die biologische Vielfalt aufweisen. Beispiele hierfür sind eine verbesserte Bodengesundheit oder die Vermeidung von Bodendegradation. Eine umfassende Liste wird jedoch erst in den delegierten Rechtsakten durch die Europäische Kommission festgelegt.

Neben der Erweiterung des Geltungsbereichs haben sich die Institutionen auch darauf geeinigt, dass Maßnahmen, die nicht direkt zu einer CO2-Entnahme führen, sondern Emissionen vermeiden, nicht unter den neuen Zertifizierungsrahmen fallen können. Die Aufnahme weiterer Entnahmemethoden soll von der Europäischen Kommission bis 2026 in einem Bericht untersucht werden. Zusätzlich wird der Europäischen Kommission auch aufgetragen, bis spätestens vier Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung, ein transparentes elektronisches EU-weites Register für CO2-Entnahmen einzurichten. Dieses Register soll durch jährliche Gebühren finanziert werden, die im Verhältnis zur Nutzung stehen.


Bewertung
Die Zertifizierung des Kohlenstoffabbaus ist von entscheidender Bedeutung, um die Entnahme von CO2 effektiv, vergleichbar und transparent zu gestalten. Durch diese freiwilligen Zertifikate können Verbraucher beim Kauf von Produkten, die mit zusätzlicher CO2-Entnahme werben, darauf vertrauen, dass kein Greenwashing betrieben wird. Darüber hinaus begrüßt der BDE, dass der Anwendungsbereich der Verordnung erweitert worden ist und sich die vorläufige Einigung technologieoffen zeigt.

Der BDE äußert jedoch Bedenken darüber, dass entscheidende Regelungen der Verordnung, wie zum Beispiel die Zertifizierungsmethoden für die Verfahren, durch delegierte Rechtsakte erlassen werden sollen. Diese hätten stattdessen in der Verordnung selbst festgelegt werden sollen, um die demokratische Legitimation, die Einbindung der Stakeholder sowie eine effektive Kontrolle der Prozesse zu gewährleisten. Stakeholder und betroffenen Kreise – d.h. insbesondere die Wirtschaftsbeteiligten, die die Zertifizierung letztlich nutzen sollen und wollen – sollten immer umfassend und frühzeitig in den Prozess zum Erlass der delegierten Rechtsakte eingebunden werden. Nur so können praxisgerechte Regelungen geschaffen werden, die zu einer Reduktion von CO2-Emissionen führen.

 

Zeitplan
• Abstimmung im Umweltausschuss: voraussichtlich im 1. Halbjahr 2024
• Abstimmung im Plenum des EP: voraussichtlich im 1. Halbjahr 2024
• Abstimmung im Rat: voraussichtlich im 2. Halbjahr 2024
• Finaler Rechtsakt: voraussichtlich im 2. Halbjahr 2024

 

Download BDE/VOEB Europaspiegel Februar 2024

Marlena Mazura

Europareferentin für Abfall-, Umwelt- und Energiepolitik