Hintergrund
Der Verordnungsvorschlag vom 16. Oktober 2023 verpflichtet Wirtschaftsteilnehmer, die in der Europäischen Union jährlich mehr als fünf Tonnen Kunststoffgranulat handhaben, einen Risikobewertungsplan unter Berücksichtigung der Art und der Größe ihrer Anlage zu erstellen sowie im Zuge der risikobasierten Erwägung entsprechende Durchführungsmaßnahmen gemäß Anhang I an ihrer Anlage zu treffen und der zuständigen Behörde im Anschluss eine Konformitätserklärung zu übermitteln. Es sind u. a. folgende zu erwägende Maßnahmen in Anhang I aufgelistet: Vakuumdichtungen, reißfeste Verpackungen, Höchstmengen bei der Beförderung, Auffangvorrichtungen, Abflussabdeckungen, Filtersysteme, Inspektionen, Bereithaltung von Industriestaubsaugern und Handwerkszeugen, etc.
Der Bericht des Umweltausschusses vom 11. Januar 2024 sieht die Ausweitung dieser Verpflichtung dahingehend vor, dass sämtliche in Anhang I aufgelistete Maßnahmen zur Vermeidung von Kunststoffgranulatverlust durchzuführen sind – unabhängig vom jeweiligen Risiko.
Ausnahmen sollen dann möglich sein, wenn sie gegenüber der zuständigen Behörde gerechtfertigt werden, wobei Art, Größe und Tätigkeitsumfang der entsprechenden Anlage zu berücksichtigen seien.
Siehe mehr Details zu den Regelungsinhalten sowie die Bewertung des BDE finden Sie in der vorheringen Ausgabe des Europaspiegels 02/2024.
Aktuelles und Ausblick
Das Penum des Europäischen Parlaments hat in seiner letzten Sitzungswoche in dieser Legislatur am 22. April 2024 seinen offiziellen Standpunkt zum Kommissionsvorschlag in erster Lesung angenommen. Das bedeutet, dass es – anders als häufig praktiziert – vorher keine informellen Trilogverhandlungen gab, die zu einer Annahme eines Rechtsaktes bereits in erster Lesung führen, sondern dass das neue Parlament in der nächsten Legislatur das Dossier in zweiter Lesung neu aufgreifen und sich positionieren wird, sofern der Rat mit seiner noch ausstehenden Position von der am 22. April 2024 angenommenen Position in erster Lesung des derzeitigen Parlaments abweicht. Dies ist nicht unwahrscheinlich, da in den bisherigen Diskussionen über den Kommissionsvorschlag im Rat – insbesondere von Deutschland und Österreich – bereits die nötige Effektivität und Effizienz der Maßnahmen für Wirtschaftsakteure und Behörden betont wurde. Mit dem Standpunkt des Rates ist aber nicht mehr unter belgischer Ratspräsidentschaft zu rechnen.
Der Rat kann entscheiden, ob er vor der Annahme seiner Stellungnahme Trilogverhandlungen mit dem Europäischen Parlament einleitet oder nicht. Wenn der Rat Trilogverhandlungen einleitet und in den Trilogverhandlungen eine Einigung erzielt wird, könnte der Text der Einigung als Standpunkt des Rates in erster Lesung angenommen werden.
Der Standpunkt müsste dann noch vom neuen Europäischen Parlament in zweiter Lesung gebilligt werden, zunächst vom Umweltausschuss und dann in einer das Verfahren abschließenden Sitzung im Plenum. Kommt jedoch kein Trilog zustande oder gelingt es nicht, eine Einigung zu erzielen, geht der Vorschlag ohne Einigung in die zweite Lesung, wobei das Parlament und der Rat versuchen werden, zu einem späteren Zeitpunkt einen Kompromiss zu finden.