Delegierte Verordnung für Materialien und Gegenstände aus Kunststoff mit Lebensmittelkontakt

Kommission veröffentlicht Revisionsentwurf

Mit der Revision soll die Qualitätskontrolle gemäß der Verordnung (EU) Nr. 10/2011 über Lebens-mittelkontaktmaterialien aus Kunststoff verbessert werden, und zwar u.a. durch die Einführung von Reinheitsanforderungen an Stoffe, die aus Abfällen und natürlichen Materialien gewonnen werden. Dabei ist unklar, ob auch Rezyklate erfasst werden sollen, obwohl diese bereits in der Verordnung 2022/1616 über recycelten Kunststoff geregelt werden.

 

Hintergrund
Basisrechtsakt der delegierten Verordnung (10/2011) ist die Verordnung (1935/2004), welche Regeln zu allen Materialien und Gegenständen mit Lebensmittelkontakt enthält. Sie legt die allgemeinen Grundsätze der Lebensmittelsicherheit von Materialien und Gegenständen fest. Materialien und Gegenstände mit Lebensmittelkontakt (Food Contact Material, FCM) dürfen nicht oder nur kaum mit dem Lebensmittel chemisch reagieren und in dieses überwandern. Das heißt, sie müssen inert sein.

Die delegierte Verordnung (10/2011) bezieht sich speziell auf Kunststoff. Sie enthält Vorschriften über die Zusammensetzung von FCM aus Kunststoff und legt eine Unionsliste von Stoffen fest, die bei der Herstellung von FCM aus Kunststoff verwendet werden dürfen.


Aktuelles
Am 13. März 2024 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Entwurf für eine Revision der Verordnung (10/2011), welcher bis Mitte April zur Konsultation stand. Der Revisionsentwurf sieht u. a. die neue Einführung eines „hohen Reinheitsgrades“ für „Stoffe vor, die bei der Herstellung von Materialien und Gegenständen aus Kunststoff verwendet werden, einschließlich solcher Materialien, die aus Abfällen hergestellt werden“ (Art. 8 und Art. 3 a, 1. Halbsatz). Mangels Definition bleibt unklar, was die Verordnung genau mit dem Begriff „Stoff“ meint. Der vorgeschlagene Wortlaut des Revisionsentwurfs schließt daher die Interpretation nicht aus, dass auch  Rezyklate (Polymere) aus mechanischem Recycling und nicht nur Monomere, die beim chemischen Recyclingverfahren der Pyrolyse entstehen, von dem Begriff „Stoff“ und damit von dem Erfordernis des hohen Reinheitsgrades umfasst sein könnten.

Ein hoher Reinheitsgrad soll unter anderem dadurch nachgewiesen werden können, dass Zusatzstoffe einer individuellen toxikologischen Untersuchung unterzogen wurden, die Genotoxizität, also die Schädigung des Erbguts in der Zelle, ausgeschlossen hat, und ihre Migration in Lebensmittel eine Konzentration von mehr als 0,05 mg/kg nicht übersteigt. Sollte ein Zusatzstoff „nicht bekannt“ sein – gemeint ist mangels Definition damit wohl, als nicht identitärer Bestandteil des Plastikmaterials oder Plastikgegenständs erkennbar,  aber der Zusatzstoff als solcher nicht identifiziert – darf ihre Migration in Lebensmittel nicht mehr als 0,00015 mg/kg  aufweisen.

Bewertung
Der BDE begrüßt die Initiative der Europäischen Kommission, die Qualität von Materialien aus Kunststoff mit Lebensmittelkontakt  im Rahmen der Revision der Verordnung (10/2011) zu verbessern. Der BDE weist jedoch darauf hin, dass der Verordnungsentwurf kleinere Anpassungen zur Klarstellung benötigt, um zu vermeiden, dass der Verordnungstext über den vorgesehenen Anwendungsbereich hinaus geht. Denn der Entwurf lässt die Interpretation zu, dass mechanisch gewonnene Kunststoffrezyklate in den Anwendungsbereich der Artikel fallen.

Dabei sind die Anforderungen an die Lebensmittelverträglichkeit von Kunststoffrezyklaten bereits abschließend in der Verordnung (2022/1616) geregelt. Diese enthält die Anforderungen an Materialien und Gegenstände aus recycletem Kunststoff mit Lebensmittelkontakt. Basisrechtsakt dieser Verordnung ist ebenfalls die Verordnung (1935/2004) für Materialien und Gegenstände mit Lebensmittelkontakt.  Der BDE geht u.a. deshalb davon aus, dass Kunststoffrezyklate nicht in den Anwendungsbereich der Art. 8 und Art. 3a der revidierten Verordnung (10/2011) fallen sollen. Zudem  werden in Anhang I der zur Revision stehenden delegierten Verordnung (10/2011), der mit „Stoffe“ überschrieben ist, „Monomere oder andere Ausgangsstoffe“ aufgeführt, so dass der Begriff „Stoff“ sich in Art. 3a, 1. Halbsatz und in Art. 8 Abs. 1 wohl tatsächlich nur auf „Monomere oder andere Ausgangsstoffe“ bezieht, die bei der Herstellung von Materialien und Gegenständen aus Kunststoff verwendet werden.

Im Sinne der Rechtsklarheit empfiehlt der BDE daher, den Begriff „Stoff“ an den genannten Stellen des Revisionsentwurfs durch „Monomer oder sonstiger Ausgangsstoff“ zu ersetzen, um klarzustellen, dass Kunststoffrezyklate nicht auch unter den Begriff „Stoff“  zur Herstellung von Materialien und Gegenständen aus Kunststoff fallen, sonden Monomere und Ausgangsstoffe gemeint sind.

 

Zeitplan
Gegebenenfalls wird die Kommission dem Feedback der Konsultation entsprechend Änderungen an ihrem Entwurf vornehmen. Die Annahme des endgültigen Kommissionsvorschlags ist für das vierte Quartal 2024 angesetzt. Das Verfahren für delegierte Rechtsakte der Kommission sieht die Möglichkeit des Einspruchs durch Parlament und Rat vor.

 

Download BDE/VOEB Europaspiegel Mai 2024

Vera Greb

Europareferentin für Abfall- und Umweltrecht