Hintergrund
Steigende Anzahl von Brandereignissen
Die insbesondere brandursächlichen Lithium-Ionen-Batterien befinden sich in einer Vielzahl von Elektrogeräten des täglichen Bedarfs, von Laptops, Mobiltelefonen und Tablets, bis hin zu elektrischen Zahnbürsten, Einweg-E-Zigaretten und sogar Schuhen, Spielzeug und Grußkarten. Durch falsche Entsorgung dieser Produkte gelangen die Batterien in den Restmüll und in getrennt erfasste Abfallströme, wo sie durch physische Beanspruchung (z. B. Verdichtung in der Müllpresse) in Brand geraten und Entsorgungsfahrzeuge sowie Abfallbehandlungsanlagen in Brand setzen. Diese Brände führen regelmäßig zu sehr großen Personen- und Sachschäden.
Infolge der Verschiedenheit der Produkte, welche die brandverursachenden Batterien enthalten, finden sich letztere in sämtlichen Abfallströmen wieder und verursachen damit auch in den verschiedensten Abfallbehandlungsanlagen regelmäßig Brände. Konkret handelt sich um hierbei um regelmäßig wiederkehrende Brandereignisse in Entsorgungsfahrzeugen, auf Wertstoffhöfen sowie in Anlagen zur Behandlung von Restabfällen, Verpackungsabfällen, Altpapier und gewerblichen Abfällen. Zur Verdeutlichung des Gefährlichkeitsgrades ist hervorzuheben, dass es keineswegs mehrerer falsch entsorgter Batterien bedarf, um extrem hohe Schäden zu verursachen: bereits eine einzige Batterie ist in der Lage, eine gesamte Abfallbehandlungsanlage niederzubrennen1.
In Deutschland gibt es täglich bis zu 30 Brandereignisse. Allein die Tatsache, dass diese häufig frühzeitig von den Mitarbeitern der Anlagen bekämpft werden, führt dazu, dass es nicht zu einer Brandausbreitung und damit einer Erfassung in den Statistiken von Polizei und Feuerwehr kommt. Dabei sind Lithium-Ionen-Akkumulatoren ursächlich für schätzungsweise 80% der Brände in Entsorgungsfahrzeugen und -anlagen2.
Bei den Batteriebränden handelt es sich um ein europaweites Problem: in Frankreich hat sich die Zahl der gemeldeten Brände in den Abfallentsorgungsanlagen im Zusammenhang mit Lithiumbatterien oder Elektronikschrott zwischen 2019 und 2023 verdoppelt3 , während in Österreich für den Zeitraum von 2007 bis 2017 von mindestens 1.500 Brandereignissen ausgegangen werden kann4. Für Großbritannien hat der National Fire Chiefs Council (NFCC), die berufsständische Vertretung der britischen Feuerwehr und des Rettungsdienstes, gar über 1.200 Batteriebrände in Abfallsammelfahrzeugen und auf Mülldeponien im Jahr 2023 gemelde5.
Auswirkungen der Brände auf die Entsorgungssicherheit
Die zunehmenden Brandereignisse führen zu erheblichen Schäden an Abfallbehandlungsanlagen und -Sammelfahrzeugen, zu Umweltbeeinträchtigungen durch Emissionen und zu einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben der auf den Sammelfahrzeugen und in den Anlagen eingesetzten Mitarbeiter, anderer Verkehrsteilnehmer und Anwohner sowie der Mitarbeiter der Feuerwehren. Darüber hinaus führen sie auch zu stetig steigenden Versicherungskosten und Kosten für Brandschutzeinrichtungen. Inzwischen haben Entsorgungsbetriebe sogar Schwierigkeiten, überhaupt noch Versicherungsschutz für ihre Anlagen zu bekommen, was Betriebseinstellungen nach sich zieht. Nach größeren Schadensereignissen verweigern Versicherungsunternehmen oft eine weitere Versicherung oder setzen die Prämie und den Eigenanteil so hoch an, dass er für die überwiegend mittelständischen Unternehmen nicht mehr tragbar ist. So wird die Recyclingwirtschaft mittlerweile mit einem fast doppelt so hohen Schadensatzfaktor im Vergleich zu anderen ebenfalls brandgefährdeten Wirtschaftsbereichen, wie z.B. der holzverarbeitenden Industrie, bewertet. Die steigenden Kosten für Versicherungen und Brandschutz machen die Aufbereitung von Abfällen wirtschaftlich unattraktiv. Auch in den anderen EU-Mitgliedstaaten haben die Entsorgungsunternehmen aufgrund der hohen Anzahl an Batteriebränden Schwierigkeiten, noch Versicherungen für Ihre Anlagen zu erhalten. Presseberichten zu Folge werden beispielsweise in der belgischen Region Flandern Entsorgungsanlagen aufgrund des hohen Brandrisikos ab 2025 zum Teil keinen Versicherungsschutz mehr erhalten6.
Ohne Gegenmaßnahmen werden bei dieser Entwicklung die Entsorgungs- und Recyclingdienstleistungen auf Dauer nicht aufrechterhalten werden können – ein wichtiger Teil der kritischen Infrastruktur und Daseinsvorsorge würde wegbrechen – die europäische Entsorgungssicherheit steht auf dem Spiel.
Weiter steigende Zahl von Bränden zu erwarten
In diesem Kontext ist zusätzlich zu betonen, dass dies erst der Beginn einer Entwicklung ist, denn noch ist der Anteil von Lithium-Ionen-Akkus in der Altbatteriemenge relativ niedrig. Er wird aufgrund der Marktentwicklungen und der fortschreitenden Digitalisierung rasant steigen und die Brandrisiken damit weiter erhöhen.
Die Menge der in der EU in Verkehr gebrachten Gerätebatterien und -akkumulatoren ist von 162.000 Tonnen 2009 auf 241.698 Tonnen 2021 gestiegen7. Allein in Deutschland wuchs der Markt 2023 um mehr als 32% auf rund 23,2 Milliarden Euro. Ganz maßgeblicher Wachstumstreiber war hierbei wie schon im Vorjahr der Absatz von Lithium-Ionen-Batterien (18,9 Mrd. Euro)8. Auch werden allein in Deutschland schätzungsweise mehr als 5 Millionen Einweg-E-Zigaretten pro Woche konsumiert9, ohne dass es dafür Rücknahmesysteme gibt.
Falsche Entsorgung von Batterien aus mangelndem Bewusstsein der Verbraucher
Ursächlich für die Brandereignisse sind falsch entsorgte Batterien. Verbrauchern ist häufig nicht bewusst, dass es sich bei bestimmten Produkten um batteriebetriebene Geräte handelt, die gesondert zu entsorgen sind (z.B. elektronische Grußkarten, Spielzeug). Obwohl Systeme zur Getrenntsammlung und Rücknahme von Batterien eingeführt wurden, gelangen zum Beispiel in Österreich nach wie vor sehr große Mengen an Altbatterien in verschiedene Abfallströme, allen voran im Restmüll10.
In Großbritannien wurden Hochrechnungen zu Folge im Jahre 2023 ca. 6 Milliarden Batterien entsorgt, darunter über 1,1 Milliarden Elektrogeräte, die versteckte Lithium-Ionen-Batterien enthalten11. Schließlich kannten lediglich 7% der Teilnehmer einer Umfrage des deutschen Elektro-Altgeräte-Registers (der mit der Umsetzung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes betrauten Stelle) das Symbol, welches darauf hinweist, dass Batterien/Elektrogeräte nicht im Restmüll entsorgt werden dürfen12.
Forderungen
Wie bereits angerissen, sind die Folgen der Batteriebrände gravierend: es entsteht Lebensgefahr für die Fahrer der Sammelfahrzeuge, für Anwohner und Verkehrsteilnehmer und nicht zuletzt für die Mitarbeiter der betroffenen Anlage und der Feuerwehren. Zudem kann das Recycling und damit eine nachhaltige Rohstoffbasis zur Verbesserung der Ökobilanz der EU-Wirtschaft und zur Verringerung der Abhängigkeit von Rohstoffimporten nicht gewährleistet werden, wenn hochwertige Recyclinganlagen Brandereignissen zum Opfer fallen und für die Aufbereitung der Abfälle zu Sekundärrohstoffen nicht mehr zur Verfügung stehen. Damit wird die Erreichung der Klima- und Umweltziele der EU gefährdet.
Aus Sicht des BDE müssten daher kurzfristig mehrere Maßnahmen getroffen werden, um die fehlerhafte Entsorgung von Batterien und Produkten mit Batterien zu unterbinden und die Gefahr von Bränden zu minimieren und die Entsorgungsunternehmen finanziell zu entlasten, um Recycling weiterhin betreiben zu können.Diese Maßnahmen könnten zu einem großen Teil im Rahmen des geplanten Europäischen Kreislaufwirtschaftsgesetzes (Circular Economy Act) oder durch eine zielgerichtete, kurzfristige Änderung der Batterieverordnung (EU) 2023/1542 umgesetzt werden.
Allen voran fordert der BDE die Einführung eines Pfandrückgabesystems, um die Rückgabe von Batterien und kleinen akkubetriebenen Elektro- und Elektronik-Altgeräten (insbesondere elektronischen Geräten) und ihre Zuführung zum Recycling zu fördern. Um die sachgerechte Sammlung und Entsorgung von Lithiumbatterien zu gewährleisten, bedarf es der Einführung einer Pfandpflicht, die einen finanziellen Anreiz direkt beim Endverbraucher schafft, indem sie Batterien einen Wert beimisst. Allein hierdurch können die notwendige Lenkungswirkung hin zur Erhöhung der Sammelbereitschaft und sachgemäßen Rückführung verlässlich erreicht sowie brandgefährliche Fehlwürfe vermieden werden13. Elektro- und Elektronikgeräte sind dazu so zu konzipieren, dass Batterien und Akkumulatoren durch den Endnutzer einfach ausbaubar sind14. Starke Sammelquoten, wie im Vorschlag der Batterie-Verordnung vorgesehen, sind nur dann erreichbar, wenn ein Sammelanreiz direkt bei den Endverbrauchern geschaffen wird.
Zudem liegt angesichts der bevorstehenden Ressourcenknappheit die Gewährleistung einer stabilen Rohstoffversorgung mit Rezyklat im strategischen Interesse der europäischen Batterieproduktion sowie der gesamten europäischen Industrie.
Die Sicherstellung der Rückführung von Batterien an ihrem Lebensende verringert langfristig die Abhängigkeit von Rohstoffimporten aus Drittstaaten. Die Sammlung von Altbatterien ist notwendig, um ein stabiles Rohstofflager zu schaffen und eine zuverlässige und wettbewerbsfähige Versorgung mit Rohstoffen für die Produktion von neuen Batterien in Europa zu gewährleisten.
Daneben sollten ausnahmsweise – und dann nur für bestimmte Einwegprodukte mit Batterien – Inverkehrbringungsverbote eingeführt werden, etwa für Einweg-E-Zigaretten. Belgien und Frankreich haben bereits EU-rechtskonforme Verbote für so genannte „Einwegvapes“ erlassen – eine Ausweitung auf EU-Ebene erscheint im gemeinsamen europäischen Binnenmarkt als sehr sinnvoll.
Außerdem ist die Einführung eines Systems der erweiterten Herstellerverantwortung erforderlich, in dem die Hersteller von Batterien und batteriebetriebenen Elektrogeräten einen bestimmten Betrag pro in Verkehr gebrachtem Gerät bzw. Batterien in einen Fonds einzuzahlen haben. Durch diesen Fonds sollten die den Entsorgungsunternehmen aufgrund der Brandgefahren und infolge der Batteriebrände entstehenden Kosten getragen werden. Hierzu zählen Vorsorgekosten, Kosten im Brandfall (Entsorgungs-, Reinigungs-, Wiederaufbaukosten), die durch Vertragsverletzungen entstehenden Kosten, Verwaltungskosten (Logistik, Sicherstellung der Entsorgungssicherheit) sowie Kosten für Informations- und Öffentlichkeitskampagnen und für die Verbesserung der Erfassungssysteme. Zudem sollte der Fonds Kosten für Investitionen in den Brandschutz (Technik, Infrastruktur, Umbau, Betrieb, Personal) ebenso erfassen wie Versicherungskosten durch höhere Prämien und Nachsorgekosten.
Begleitend zu diesen Instrumenten ist die Informationsarbeit gegenüber den privaten Haushalten dringend zu verstärken. Die Produktverantwortlichen sowie die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger müssen die Bürger in Form von regelmäßigen Informations- und Öffentlichkeitskampagnen stärker auf die Risiken einer unsachgemäßen Entsorgung von Batterien, Akkumulatoren sowie Elektro- und Elektronikgeräten hinweisen.