Akttuelle Entwicklungen
Die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten beschlossen am 27. Juni 2024 eine neue strategische Agenda, für die neue Legislatur. Die Strategie zielt darauf ab, Europa souveräner zu machen und es besser auf geopolitische Herausforderungen vorzubereiten. Chancen auf dem heimischen Markt bieten sich hierfür vor allem im Energiesektor: Die Abhängigkeit von Importen aus Drittstaaten soll zugunsten einer nachhaltigen Infrastruktur abgebaut werden – ganz im Sinne des Green Deals.
Wesentliche Inhalte
Strategie des Rats
Der Rat der Mitgliedstaaten hat sich zum Ziel gesetzt, die Achtung von Recht und Gesetz im internationalen Kontext zu fördern, insbesondere angesichts des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine. Um die europäische Sicherheit und Werte zu schützen, sollen die Verteidigungsfähigkeiten durch engere Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und verstärkte Investitionen im Verteidigungssektor ausgebaut werden.
Zudem sieht der Rat den freien Binnenmarkt als zentrale Stärke der Union und strebt an, Handelsbeziehungen innerhalb der EU und mit Drittstaaten, insbesondere in den Bereichen Energie und Telekommunikation, weiter zu vertiefen. Der Green Deal, mit dem Ziel, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden, bleibt ein zentraler Schwerpunkt, wobei ein grenzüberschreitender Energiemarkt als Voraussetzung gilt. Gleichzeitig setzt der Rat hier auch auf eine ressourceneffizientere und kreislauforientierte Wirtschaft, um nachhaltiges Wachstum zu fördern.
Um Investitionen und Innovationen zu unterstützen, sollen bürokratische Hürden abgebaut und Genehmigungsverfahren für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Start-ups vereinfacht werden. Alle diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit und den Wohlstand der EU langfristig zu sichern.
Ratspräsidentschaft: Ungarn
Der Vorsitz im Rat wird von den EU-Mitgliedstaaten nacheinander in einem Turnus von sechs Monaten wahrgenommen. Während dieser sechs Monate leitet der Vorsitz die Sitzungen und Tagungen auf allen Ebenen des Rates und trägt zur Kontinuität der Arbeit der EU im Rat bei. Im Juli übernahm Ungarn von Belgien den Ratsvorsitz. In Vorbereitung auf ihre Ratspräsidentschaft hat Ungarn einen Plan für die sechs Monate veröffentlicht.
Während seiner Ratspräsidentschaft möchte Ungarn mehrere Initiativen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft vorantreiben, vorwiegend die (partiellen) Überarbeitungen der Abfallrahmenrichtlinie (siehe Artikel im Europaspiegel Mai 2024) und der Altfahrzeugverordnung (siehe Artikel im Europaspiegel Oktober 2024) sowie die neue Green-Claims-Richtlinie (siehe Artikel im Europaspiegel Februar 2024). Darüber hinaus will die ungarische Regierung den EU-Aktionsplan zur Reduzierung von Abfall und zur nachhaltigen Ressourcennutzung in Bereichen wie Elektronik, Textilien, Kunststoffen und Bauwesen unterstützen. Erwartet wird, dass die Trilogverhandlungen für die Abfallrahmen- und Green-Claims-Richtlinien noch bis Ende 2024 begonnen und möglicherweise auch beendet werden. Sollte das nicht möglich sein, würde die polnische Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2025 die Verhandlungen weiterführen.
Bewertung
Strategie des Rats
Der BDE begrüßt, dass der Rat der EU beim Thema Nachhaltigkeit die Förderung einer zirkulären Wirtschaft betont. Er hofft, dass der Ministerrat dies als Ko-Gesetzgeber bei der EU-Rechtssetzung beherzigt – ein Prozess, den der BDE eng begleitet.
Der Verband ist ebenso erfreut darüber, dass sich der Europäische Rat für den Abbau von Bürokratie bei Genehmigungsverfahren ausspricht, kommt es doch gerade im Bereich der Entsorgungswirtschaft aufgrund von langen Verwaltungsprozessen zu erheblichen Verzögerungen in den Abläufen. Einem solchen Bekenntnis von Ratsseiten ist besondere Bedeutung zuzumessen, sind es doch die nationalen Behörden des Rates, die die Verfahren leiten und deren Dauer maßgeblich beeinflussen. Der BDE wird hier daraufhin wirken, dass es nicht bei einem bloßen „Lippenbekenntnis“ bleibt.
Auch in der kommenden Legislatur wird sich der BDE außerdem dafür einsetzen, dass Energie aus Recyclingprozessen als nachhaltige Energiequelle im Rahmen der Förderrichtlinien (RED, Erneuerbare-Energien-Richtlinie, siehe Artikel im Europaspiegel Oktober 2023) Berücksichtigung findet. Wenn die Klimaziele bis 2050 erreicht werden sollen, ist den EU-Gesetzgebern zu mehr Diversität zu raten und nicht ausschließlich auf Wind und Solar zu setzen. So konnten sich die Branchenverbände bereits erfolgreich für die Aufnahme von Recyclingprozessen in die Taxonomie-Verordnung einsetzen.
Ratspräsidentschaft: Ungarn
Der BDE begrüßt, dass die ungarische Ratspräsidentschaft zahlreiche wichtige Gesetzesini-tiativen im Bereich der Kreislaufwirtschaft als prioritär einstuft und voranbringen will. Auffällig ist, dass die Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle als für den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft wesentliche Gesetzesinitiative im Programm der ungarischen Ratspräsidentschaft keine Erwähnung findet. Wahrscheinlich liegt das jedoch nur daran, dass sich der im Trilog zwischen Parlament und Rat ausgehandelte Text bereits in der sprachjuristischen Prüfung und Übersetzung befindet und die ungarische Ratspräsidentschaft von einer problemlosen Verabschiedung und Bestätigung des finalen Textes durch das Parlament und den Rat ausgeht und dem Dossier daher keine besondere Beachtung mehr schenkt.
Zeitplan
• Ungarische Ratspräsidentschaft: 01. Juli bis 31. Dezember 2024.
• Polnische Ratspräsidentschaft: 01. Januar bis 30. Juni 2025.