Asbestfreie Recycling-Baustoffe aus dem Baubestand

Die Zukunft des umweltgerechten und ressourcenschonenden Recycling von Bau-, Abbruchabfall fußt auf klaren Regelungen.

01.02.2020

Asbest ist ein Schadstoff, der historisch begründet im Gebäudebestand vorkommt. Selbst geringfügige Asbestgehalte in Bauprodukten verhindern nach geltender Rechtslage deren Recycling oder anderweitige Verwertung.

Die Festlegung der aktuellen LAGA Mitteilung 23 „Asbesthaltige Abfälle dürfen Sortier- und Behandlungsanlagen nicht zugeführt werden, auch wenn – rechnerisch – der Anteil der Fasern unter 0,1 Gew. % liegt.“ bedeutet, dass Abfälle nur dann recyclingfähig sind, wenn deren (wie auch immer definierte) „Asbestfreiheit“ gegeben ist.

Daher ist dringender Handlungsbedarf gegeben, der im Rahmen des Nationalen Asbestdialoges unter dem Themenblock “Fachgerechte Entsorgung und Recycling asbesthaltiger Bauabfälle” aufgegriffen wurde. Das BMU initiiert derzeit einen Erfahrungsaustausch der Abfallbehörden der Länder (LAGA) zur Vorbereitung einer evtl. Überarbeitung der LAGA Mitteilung 23. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen, bedarf zudem aber vor allem eines verbindlichen und pragmatischen Rechtsrahmens.

Nach aktuellem Kenntnisstand weisen ca. 1/3 der bis 1993 errichteten Gebäude asbesthaltige bauchemische Produkte (z.B. Putze, Spachtelmassen, Kleber) auf. Diese asbesthaltigen Bauchemikalien sind mit bloßem Auge als solche i.d.R. nicht erkennbar und können auch bei ordnungsgemäßer Erkundung, Probenahme und Analytik nicht immer vollständig erfasst und separiert werden. Hinzu kommen asbesthaltige Bauteile im Stahlbetonbau (Mauerstärken und Abstandhalter für die Bewehrung), die in einem bislang nicht näher zu quantifizierenden Anteil der Stahlbetonabfälle vorhanden sind. Der „Null Asbestfaser“-Ansatz verbietet somit das Recycling großer Teile der anfallenden mineralischen Bau- und Abbruchabfälle.

Um auch in Zukunft ein umweltgerechtes und ressourcenschonendes Recycling von Bau- und Abbruchabfällen sicherstellen zu können, bedarf es einer detaillierteren Regelung. Hierbei sind neu zu definierende Kriterien im Umgang mit Asbest festzulegen. Eine Forderung wäre, dass für RC-Baustoffe keine höheren Anforderungen gelten, als für potenziell asbesthaltige mineralische Rohstoffe und daraus hergestellte Gemische und Erzeugnisse gemäß der TRGS 517.

Der von den Bundesressorts BMI, BMU, BMAS gefasste Vorschlag, Ergebnisse der Erkundung auch maßgeblich für die Einstufung und Kennzeichnung der Abfälle zu nutzen ist vielleicht ein gangbarer Weg, auf welchen wir nachfolgend gern näher eingehen werden. Die Erkenntnis der Bundesressorts, dass hierzu eine rechtgebietsübergreifende Konvention für Erkundung sowie eine belastbare Kombination aus Probenahmestrategie und Analyseverfahren (statistische Genauigkeit, Nachweisgrenzen) erforderlich ist, muss nach Einschätzung des BDE rechtssicher in der Umsetzung sein. Auch ist hier zwingend zu beachten, dass die Schnittstellen zur Abgrenzung „gefährlicher Abfall“ bzw. „nicht gefährlicher Abfall“ nach Abfallverzeichnisverordnung und alle damit in Verbindung stehenden Verfahrensschritte z.B. eANV; Transport der Abfallentsorgung und der -verwertung für die Beteiligten rechtssicher gestaltet werden.

Wir begrüßen die vorgesehene, zukünftig in der GefStoffV verankerte Vorerkundungspflicht des Bauherrn auf Grundlage des Chemikaliengesetzes (§19 Abs. 3 Nr. 16). Sie weisen darauf hin, dass dieses Vorhaben bereits heute wirksam gemacht werden sollte. Wichtig dabei ist auch zu klären, wie eine Vorerkundung in Abhängigkeit von Art und Verbreitung von Gefahrstoffen im Objekt durchzuführen ist. Hier bedarf es einer Regelung mit erforderlicher Rechtssicherheit, die eine Erkundungs- und Probenahmesystematik definiert und als verbindliche Methodik (ähnlich der DIN 19698-x bzw. LAGA PN 98 zur Untersuchung von Abfällen) angewendet wird.

Die Verankerung einer Vorerkundungs- und Auskunftspflicht des Bauherren zu den in seinem Objekt vorhandenen Schadstoffen begründet die Möglichkeit zur verbesserten Planung, Kostenkalkulation, Ausführung inkl. erforderlicher Schutzmaßnahmen und sachgerechter Entsorgung dabei anfallender Bau- und Abbruchabfälle.

Auf die Vorerkundung folgt der koordinierte Rückbau mit einer Separierung asbesthaltiger von asbestfreien Bau- und Abbruchabfällen in nachfolgende Gruppen:

  1. Bau- und Abbruchabfälle mit Asbestgehalt größer 0,1 Gew %

Nach bereits heute geltendem Recht werden Bau- und Abbruchabfälle mit mehr als 0,1Gew. % Asbest als gefährlich eingestuft und müssen beseitigt werden.

  1. Bau- und Abbruchabfälle mit Asbestgehalt kleiner 0,1 Gew %

Wichtig ist nunmehr, für asbesthaltige Materialien unter 0,1 Gew. % eine weitere Schadstoffentfrachtung zuzulassen. Dies muss im Sinne der Ressourceneffizienz und Einsparung von Deponiekapazitäten insbesondere bei ansonsten recycelfähigen Stoffströmen ermöglicht werden. Dabei ist eine Verdünnung zur Unterschreitung des Grenzwertes selbstverständlich weiterhin unzulässig. Es geht um die Erlaubnis zur Separierung und Entfrachtung von asbesthaltigen Produkten aus dem mineralischen Abfallstrom für die Fälle, bei denen im Einbauzustand im Vorfeld eines Abbruchs eine Separierung nicht möglich ist.

Eine Asbestentfrachtung dieser Stoffströme muss grundsätzlich unter Einhaltung bestimmter definierter Voraussetzungen möglich sein.

Die Materialien sollten ausschließlich in hierauf spezialisierten bzw. in hierfür geeigneten Anlagen (Genehmigungsrecht, Arbeitsschutz/-sicherheit, Verfahrenstechnik etc.) behandelt werden. Auch die Möglichkeit zur Errichtung innovativer Anlagen sollte erforscht und gefördert werden. Es muss dabei sichergestellt sein, dass mit den genehmigten und überprüften Verfahrensabläufen sowie bei Transport, Umschlag und Weiterverarbeitung keine Gefährdung von Mensch und Umwelt erfolgt.

Outputmaterialien aus diesen Anlagen sind dann verwertbar, wenn die Asbestentfrachtung nachweislich erfolgreich durchgeführt wurde.

  1. asbestfreie Bau- und Abbruchabfälle 

Materialien, die auf Basis der Ergebnisse aus der Vorerkundung kein Asbest enthalten, dürfen dem Recyclingprozess (Bsp.: klassische Bauschuttaufbereitung, Gipsrecycling, etc.) zugeführt werden. Hier bedarf es diesbezüglich keiner weiteren Kontrolle der Input- oder Outputströme durch Betreiber von Recyclinganlagen und bei solche Recyclingmaterialien nutzenden Branchen.