Stoffstrom Kunststoff

Kunststoffe stellen mit derzeit gut 6 Millionen Tonnen getrennt gesammelter Materialien nur einen kleinen Teil des Abfallaufkommens dar. Das Kunststoffrecycling nimmt seit mehr als 30 Jahren einen Schwerpunkt der Gesetzgebungstätigkeit und der öffentlichen Diskussion in Deutschland ein, die bisher erreichten Erfolge sind aber nicht überzeugend:

Der Anteil der in den Produktionsprozess zurückgeführten Kunststoffe aus Haushalten liegt unverändert unter 50 Prozent, zu viel wird immer noch energetisch verwertet. Ein Großteil wird zudem gar nicht getrennt erfasst und geht direkt in die thermische Verwertung.

Deutschland ist ein starker Standort sowohl der Kunststoff- und chemischen Industrie als auch der Entsorgungs- und Kreislaufwirtschaft. Eine vollständige Kreislaufführung von Kunststoffen wird jedoch nur mit konkreten Rahmenbedingungen und Vorgaben für eine verbesserte Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette gelingen.

1. Design for Recycling: Ein verbindlicher Standard
Es bedarf praxistauglicher Standards, die von Produktdesignern, Herstellern und Recyclern gemeinsam entwickelt werden und deren Missachtung zu einem Inverkehrbringungsverbot oder einer Malifizierung solcher Materialien führen sollte.

Kunststoffe sollen weder diskreditiert noch verboten werden, denn das würde nur zu einer Wanderung in andere Materialströme führen, die nicht unbedingt ökologischer sind. Bestes Beispiel hierfür ist die zunehmende Flucht in Papierverbunde, die zu neuen Problemen für die Kreislaufwirtschaft führen. Das Ergebnis sind kaum zu recycelnde Verbund- oder auch Monomaterialien, wenn der Faserstoff zu mehr als 95 Prozent den Hauptmasseanteil bestimmt. Damit werden gleich zwei hochwertige Rohstoffe vernichtet.

2. Verbesserung der Erfassung, insbesondere im haushaltsnahen Bereich
Erfassungssysteme, die heutigen Anforderungen nicht mehr genügen, sollten durch effiziente, haushaltsnahe und recyclinggerechte Erfassungssysteme ersetzt werden. Seit langem liegen Daten vor, welche Erfassungssysteme sich als „best-practice“-Beispiele in unterschiedlichen Sammelgebieten abhängig von Dichte, Topografie und Sozialstruktur erwiesen haben. Zusätzlich bedarf es dazu eines umfassenden Ausbaus insbesondere der Verbraucheraufklärung und einer wirksamen Sanktionierung von Fehlbefüllungen. Auch müssen Anreizsysteme für die Rohstoffsicherung implementiert werden, indem die Vertragsstrukturen aller Beteiligten auf eine qualitätsorientierte Erfassung ausgerichtet werden.

Das gilt nicht nur für den Ausbau der Getrenntsammlung, sondern auch für die Erfassung der Kunststoffe aus der schwarzen Tonne, die vor der Verbrennung anhand sinnvoller Kriterien aussortiert werden sollten. Diese Maßnahmen müssen durch bundesweite Aufklärungskampagnen unterstützt werden, welche auf alle Zielgruppen ausgerichtet werden sollten. Diese Kampagnen sind ausreichend zu finanzieren und eng mit öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern abzustimmen.

3. Stabiler Rezyklatmarkt
Die Kreislauffähigkeit von Kunststoffen kann nur dann sichergestellt werden, wenn es gelingt, einen stabilen Rezyklatmarkt für alle Polymere zu schaffen. Hierfür brauchen wir nicht nur mengenmäßig höhere Erfassungs- und Sortierquoten entlang der gesamten Wertschöpfungskette, sondern auch eine Berücksichtigung der qualitativen Anforderungen an die Rezyklate. Hierzu bedarf es der Implementierung marktgerechter Mechanismen. Dies kann jedoch nur dann erreicht werden, wenn die Hersteller auch recyclinggerecht produzieren und mit gesetzlich verankerten Rezyklateinsatzquoten zu einem umfassenden Rezyklateinsatz verpflichtet werden. Daneben brauchen wir intelligente Anreizsysteme für den Rezyklateinsatz. Um derartige Anreizsysteme im Markt erfolgreich zu implementieren, bedarf es einer umfassenden Koordinierung der Tätigkeiten aller Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette.
Hierfür können im Verpackungsbereich die dualen Systembetreiber einen wichtigen Beitrag leisten, wenn ihr Aufgabengebiet erweitert wird. Der BDE unterstützt deshalb die Vorschläge der dualen Systeme zur Anpassung des § 21 VerpackG, um den Rezyklateinsatz und vor allem die recyclinggerechte Produktion zu incentivieren.

4. Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen
Hierfür ist insbesondere wichtig, innovative Verfahren zur Schließung von Stoffkreisläufen bei Kunststoffen zu entwickeln und zur Marktreife zu bringen. Dabei sollte das mechanische Recycling priorisiert werden, weil es seinen ökologischen Nutzen bereits unter Beweis gestellt hat. Aber auch innovative Verfahren des chemischen Recyclings sollten ergänzend zur Anwendung kommen, wo dies sinnvoll ist. Entscheidend ist, dass die besten Resultate, Energieeinsparungen und Rezyklatmengen erzielt werden können. Pauschale Antworten überzeugen dabei nicht.

5. Verbindliche Normen und Standards
Im Kunststoffbereich sind Normen und Standards besonders wichtig, damit die beteiligten Branchen entlang der Wertschöpfungskette über Fachgebietsgrenzen hinaus ein gemeinsames Verständnis für den Gesamtprozess entwickeln. Terminologie, Schnittstellen und insbesondere Qualitätsanforderungen müssen von allen Beteiligten identisch verstanden werden. Hierzu müssen kreislaufgerechte Normen und Standards entwickelt werden, die Vertrauen und Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit schaffen. Aus Sicht des BDE ist das Ende der Abfalleigenschaft für Kunststoffe bereits am Ende eines qualifizierten Aufbereitungsprozesses durch zertifizierte Entsorgungsfachbetriebe erreicht. Dies sollte europaweit einheitlich festgehalten werden, um der Recyclingwirtschaft die notwendige Rechtssicherheit zu geben. Damit erhält die Recyclingwirtschaft als Rohstofflieferant auch die angemessene industriepolitische Stellung, um die Innovationskraft zu entwickeln, auch zukünftigen Herausforderungen einer Kreislaufwirtschaft gerecht zu werden. Dabei kann auch die Digitalisierung einen wichtigen Beitrag leisten.

 

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Der Einsatz von recycelten Kunststoffen liefert einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zu einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft, denn er verringert CO2-Emissionen bei der Produktherstellung und die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen.

BDE – Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft e. V.