Verpackungsverordnung

Trilog-Einigung vom Europäischen Parlament formell bestätigt

In der letzten Tagungswoche der laufenden Legislaturperiode des Europäischen Parlaments wurde am 24. April 2024 die im Trilog gefundene vorläufige Einigung zur Verpackungsverordnung formell angenommen.

 

Hintergrund
Europäisches Parlament, Rat und Europäische Kommission hatten im zweiten politischen Trilog am 04. März 2024 eine vorläufige Einigung erzielt. Nach der schnellen Ausarbeitung ihrer Verhandlungspositionen waren alle Beteiligten bestrebt, eine schnelle Einigung zu finden, um das Gesetzgebungsverfahren möglichst noch in der laufenden Legislaturperiode abzuschließen. Parlament und Rat haben ihre Positionen innerhalb eines Jahres erarbeitet und am 22. November 2023 bzw. am 18. Dezember 2023 verabschiedet. Die Kommission hatte ihren Verordnungsvorschlag ein Jahr zuvor, am 30. November 2022, vorgelegt.

Aktuelles
Die Trilogverhandlungen liefen seit Anfang des Jahres und endeten am 04. März 2024. Die gefundene vorläufige Einigung wurde nun in der letzten Tagungswoche des Europäischen Parlaments vor den anstehenden Europawahlen im Juni am 24. April 2024 unverändert formell durch das Parlament angenommen (zu beachten ist jedoch eine teilweise neue Artikelnummerierung). Im Vorfeld hatte Andreas Glück (Renew, Deutschland) Änderungsanträge insbesondere hinsichtlich der Wiederverwendungsquoten für Transportverpackungen eingereicht, aber vor der Abstimmung wieder zurückgezogen. Letztlich wurden diese Inhalte der vorläufigen Einigung unverändert angenommen, sodass insbesondere auch die verpflichtende Wiederverwendbarkeit von Transportverpackungen zwischen zwei Niederlassungen eines Unternehmens innerhalb der EU beibehalten wurde (nicht mehr Art. 26 sondern Art. 29). Vor der Abstimmung hatte Umweltkommissar Sinkevicius dem Europäischen Parlament versichert, die entsprechenden Regeln durch einen delegierten Rechtsakt abzumildern. Gemäß Art. 29 Abs. 18 ist die Kommission ermächtigt, die Quoten zu überprüfen und nachträglich zu ändern. So kam es schließlich zur unveränderten Annahme der politischen Einigung im Plenum.

Wesentliche Inhalte
Recyclingfähige Verpackungen (Art.6)
Alle in der EU in Verkehr gebrachten Verpackungen müssen künftig recyclingfähig sein. Hierzu werden Verpackungserzeuger verpflichtet. Verpackungen gelten als recyclingfähig, wenn sie zwei Bedingungen erfüllen (Art. 6 Abs. 1): Zum einen müssen sie recyclingorientiert gestaltet und zum anderen in großem Maßstab recycelt werden.

Zur recyclingorientierten Gestaltung sind die Erzeuger ab 2030 oder zwei Jahre nach Inkrafttreten des delegierten Rechtsakts zur Festlegung des Designs for Recycling verpflichtet, was die Kreislauffähigkeit bei der Verwendung der daraus resultierenden Sekundärrohstoffe von ausreichender Qualität zur Substitution der Primärrohstoffe sicherstellen soll (Art. 6 Abs. 2 a).

Das Europäische Parlament hat sich hinsichtlich der recyclingorientieren Gestaltung der Ansicht des Rates angeschlossen und orientiert sich an den Anforderungen des „material“ Recyclings (Art. 6 Abs. 2 a), das sowohl mechanisches als auch chemisches Recycling umfasst und lediglich die Kompostierung ausschließt (vgl. Art.3 Abs.32a).

Für das Design for Recycling erlässt die Europäische Kommission bis 2028 delegierte Rechtsakte (Art. 6 Abs. 4 a), mit denen die Kriterien der recyclinggerechten Gestaltung und verschiedene Leistungsmerkmale für das Recycling auf der Grundlage von Parametern (Anhang II Tabelle 4) für jede Verpackungskategorie (Anhang II Tabelle 1) festgelegt werden. Diese Kriterien werden auf der Grundlage des vorherrschenden Materials entwickelt. Dabei sollen neben den verfügbaren Recyclingtechnologien, deren Wirtschafts- und Umweltleistung sowie der Qualität des Ertrages auch Faktoren wie Verfügbarkeit des Abfalls, benötigte Energie, Treibhausgasemissionen und Schadstoffbelastung des Recyclingprozesses berücksichtigt werden.

Die Recyclingfähigkeit einer Verpackung soll in drei Leistungsstufen (A bis C) unterteilt werden, bezogen auf das Gewicht des recycelbaren Anteils in Prozent (Art. 6 Abs. 3, Anhang II Tabelle 3). Ab 2038 soll das Inverkehrbringen nur noch für Verpackungen der Klassen A und B erlaubt sein. Die Leistungsstufen der recyclinggerechten Gestaltung sollen in delegierten Rechtsakten definiert werden (Art. 6 Abs. 4 b und c). Verpackungen, die zu weniger als 70% recycelbar sind, gelten nicht als recyclingfähig.

Die im Rahmen einer erweiterten Herstellerverantwortung (Art. 45) von den Herstellern zu leistenden finanziellen Beiträge zur Abfallbewirtschaftung sollen je nach Leistungsklasse der Verpackung angepasst werden. Es soll also entsprechend dem Grad der Recycelbarkeit finanzielle Anreize für die Hersteller durch Ökomodulation geben (Art. 6 Abs. 4 d).

Neben der recyclingorientierten Gestaltung ist die zweite Bedingung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen ihr Recycling in großem Maßstab ab 2035 oder fünf Jahre nach Inkrafttreten eines Durchführungsrechtsaktes (Art. 6 Abs. 5), der das Recyclings in großem Maßstab konkretisieren soll (Art. 6 Abs. 2b).In großem  Maßstab recycelter Verpackungsabfall wird dabei wie folgt definiert: Verpackungsabfall, der in bestehender Infrastruktur getrennt gesammelt, sortiert und recycelt wird, wobei etablierte und in einem betrieblichen Umfeld bewährte Verfahren zum Einsatz kommen, die auf EU-Ebene eine jährliche Menge an Rezyklat pro Verpackungskategorie gewährleisten (grundsätzlich mindestens 55%; für Holz 30%; Art.3 Abs.32).   

Bis 2030 erlässt die Europäische Kommission Durchführungsrechtsakte zur Methodik der Bewertung des Recyclings in großem Maßstab mit Schwellenwerten je Verpackungskategorie (Anhang II), gestützt auf die Mengen der in der EU insgesamt in Verkehr gebrachten Verpackungen und die davon recycelten Mengen. Die Quoten des großmaßstäblichen Recyclings sind nicht zu verwechseln mit den Recyclingzielen aus Art. 46, die sich an die EU-Mitgliedstaaten richten. Sie waren bereits in der Verpackungsrichtlinie verankert und haben sich der Höhe nach in der Verpackungsverordnung nicht verändert.

Kunststoffrezyklateinsatz (Art.7)
Jeder Kunststoffanteil einer in Verkehr gebrachten Verpackung muss ab 2030 oder drei Jahre nach Inkrafttreten des entsprechenden Durchführungsrechtsakts zur Berechnung zu einem bestimmten Anteil aus Rezyklat hergestellt werden. Ab 2040 werden diese Mindestrezyklateinsatzquoten nochmals angehoben.
 

Rezyklateinsatzquoten

Die Quoten gelten je Verpackungsart und -format gemäß Tabelle 1 des Anhangs II, berechnet als Durchschnitt pro Produktionsstätte und Jahr. Ausgenommen von diesen Quoten sind Verpackungen, deren Kunststoffanteil 5% des Gesamtgewichts nicht übersteigt (Art.7 Abs.4 lit.b).

Das dafür genutzte Rezyklat soll aus Verbraucherabfällen aus der EU oder Drittstaaten stammen (Art.3 Abs. 39). Um den Rezyklatmarkt der EU anzukurbeln, war ursprünglich vorgesehen gewesen, dass nur Rezyklat, das aus in der EU angefallenen Nach-Gebrauchs-Abfällen („post consumer waste“) gewonnen wurde, auf die Mindestrezyklateinsatzquoten angerechnet werden darf. Handelsrechtliche Bedenken der Generaldirektion Handel der EU-Kommission haben indes zu einer Aufweichung durch eine Änderung der Definition von „post consumer waste“ geführt, welche Abfall oder Rezyklat von außerhalb der EU nunmehr einschließt. Die Kommission soll dafür bis 2026 in Durchführungsrechtsakten Nachhaltigkeitskriterien und Qualitätsstandards aufstellen, die von unabhängigen Dritten geprüft werden sollen (Art. 7 Abs. 10). Diese Anforderungen sollen entsprechend auch für Rezyklate aus Drittstaaten gelten, d.h. die Rezyklate müssen unter gleichwertigen Bedingungen im Hinblick auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit hergestellt werden. Hierzu legt die Kommission die Methode für die Bewertung, Überprüfung und Bescheinigung der Gleichwertigkeit der Vorschriften fest, die für den Fall gelten, dass der aus Verbraucherkunststoffabfällen gewonnene Rezyklatanteil außerhalb der Union hergestellt wird. Bei der Bewertung werden die Standards für den Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit, sowie Standards für hochwertiges Recycling, z. B. in Bezug auf Ressourceneffizienz und Qualitätsstandards für die Recyclingsektoren, berücksichtigt.

Die Berechnungsmethode des Rezyklatanteils soll ebenfalls bis 2026 in Durchführungsrechtsakten von der Europäischen Kommission unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und ökologischen Leistung der Recyclingtechnologien festgelegt werden (Art. 7 Abs. 8). Im Zusammenhang mit dem Erlass der Durchführungsrechtsakte bewertet die Kommission im Hinblick auf die verfügbaren Recyclingtechnologien ihre wirtschaftliche Leistung und Umweltverträglichkeit, einschließlich der Qualität des Outputs, der Verfügbarkeit der Abfälle, des Energiebedarfs und der Treibhausgasemissionen sowie anderer relevanter Umweltauswirkungen.

Eine Möglichkeit zur Anpassung der Rezyklateinsatzquoten durch delegierte Rechtsakte der Kommission besteht nur in Ausnahmefällen: nämlich dann, wenn schwerwiegende Auswirkungen auf Gesundheit von Mensch und Tier, die Sicherheit von Lebensmitteln und auf die Umwelt zu erwarten sind (Art.7 Abs.13).

Die Europäische Kommission ist beauftragt,  den Stand der technologischen Entwicklung und die Umweltverträglichkeit von biobasierten Kunststoffverpackungen zu überprüfen und wird ermächtigt (Art. 8), basierend auf dem Ergebnis ihrer Prüfung einen Legislativvorschlag zu unterbreiten, der die Möglichkeit eröffnet, die Mindestrezyklateinsatzquoten auch durch biobasierte Kunststoffrohstoffe anstelle von recycelten Inhalten aus post-consumer Kunststoffabfällen zu erreichen, falls keine geeigneten Recyclingtechnologien für Verpackungen mit Lebensmittelkontakt zur Verfügung stehen, die den Anforderungen der Verordnung (EU) 2022/1616 entsprechen.

Umweltaussagen in Bezug auf Verpackungseigenschaften dürfen nur getroffen werden, wenn sie die Mindestanforderungen gemäß der Verpackungsverordnung überschreiten und genau spezifizieren, auf was sie sich beziehen (Art. 14). Dies betrifft z.B. den Rezyklateinsatz, der die Einsatzquoten überschreiten müsste. Die Kohärenz der Umweltaussage mit der tatsächlichen Verpackungseigenschaft ist im Rahmen der internen Fertigungskontrolle nachzuweisen (Anhang VII).

Kompostierbare Verpackungen (Art. 9)
Obst-/Gemüseklebeetiketten und Kaffee-/Teefilter und -pads müssen bis drei Jahre nach Inkrafttreten industriell kompostierbar und, sofern der Mitgliedstaat es vorschreibt, auch heimkompostierbar sein. Diese Pflicht kann nach Ermessen des Mitgliedstaates auch auf (sehr) leichte Plastiktragetaschen und Tee-/Kaffeekapseln ausgeweitet werden, sofern diese laut nationalem Recht im Biomüll gesammelt werden (Art.9 Abs.2). Die Europäische Kommission soll dafür innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der Verpackungsverordnung eine Überarbeitung der Norm EN 13432, welche die Anforderungen an die Verwertung von Verpackungen durch Kompostierung und biologischen Abbau festlegt, sowie die Schaffung einer Norm für heimkompostierbare Verpackungen beim Europäischen Komitee für Normung (CEN-CENELEC) in Auftrag geben (Art. 9 Abs.6). Alle anderen Verpackungen müssen entsprechend der Regeln aus Art. 6 recycelbar sein, auch wenn sie zusätzlich kompostierbar sein mögen.

Kennzeichnung von Verpackungen und Abfallbehältern (Art.12 & 13)
Um die Getrenntsammlung zu fördern, müssen in Verkehr gebrachte Verpackungen spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten mit Etiketten versehen sein, die in Form von Piktogrammen Auskunft über die Materialzusammensetzung (inklusive Rezyklatanteil) der Verpackung geben (Art.12 Abs.1). Eine Kennzeichnungspflicht gilt auch für Abfallbehälter: Diese müssen spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten ein entsprechendes Etikett gut sichtbar und leserlich dauerhaft angebracht, aufgedruckt oder eingraviert haben (Art.13 Abs.1). Die Spezifikationen der Etiketten sollen bis spätestens eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten durch die Kommission harmonisiert werden.

Wiederverwendungsquoten (Art.29)
Verpackungen sollen zudem wiederverwendbarer werden. Die Wiederverwendungsquoten gelten stufenweise ab 2030 bzw. 2040 für verschiedene Verpackungsarten. Beispielsweise müssen Transportverpackungen wie z.B. Stretchfolie bis 2030 zu 40% wiederverwendbar sein, bis 2040 bis zu 70%. Werden die Verpackungen genutzt, um Güter zwischen verschiedenen Standorten eines Unternehmens oder mit ihm verbundener Unternehmen innerhalb der EU – also zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten – zu transportieren, sollen sie sogar zu 100% wiederverwendbar sein (Art.29 Abs.2). Gleiches gilt für jegliche Transporte innerhalb eines Mitgliedstaates (Art.29, Abs.3) zwischen Unternehmen. Die Kommission hatte dem Parlament versichert, die entsprechenden Regeln hinsichtlich Transportverpackungen durch einen delegierten Rechtsakt abzumildern, wozu sie gemäß Art. 29 Abs. 18 im Wege einer Quotenüberprüfung ermächtig ist.

Die Forderung des Europäischen Parlaments nach einem Ausnahmetatbestand, der die Benutzung von recycelbaren Einwegverpackungen anstelle von Mehrwegverpackungen erlaubt, wenn diese eine bessere Ökobilanz aufweisen, konnte sich nicht durchsetzen.

Sammelsysteme (Art.48 & Art. 49)
Das Recycling von Verpackungsmaterial und der Zugang zu Rezyklat soll über Sammelsysteme gewährleistet werden. Die Mitgliedstaaten sind angewiesen, bis 2029 verbindliche Ziele für die Sammlung von Verpackungsmaterial zu beschließen und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um das Erreichen dieser Sammelziele zu gewährleisten (Art.49 Abs.1). Verpackungen, die nicht getrennt gesammelt wurden, müssen je nach Regelung der Mitgliedstaaten sortiert werden, um recyclingfähige Verpackungen dem Recyclingprozess zuführen zu können (Art.48 Abs.7).

Pfandsysteme (Art.50)
Außerdem müssen die Mitgliedstaaten bis 2029 sicherstellen, dass Einweggetränkeflaschen und Metallgetränkebehälter mit einem Volumen von bis zu drei Litern zu mehr als 90% getrennt gesammelt werden. Eine Befreiung von dieser Pflicht ist möglich, wenn die Sammlungsquote 2026 bei 80% liegt und bis Anfang 2028 eine Strategie für das Erreichen der verbleibenden 10% vorgewiesen werden kann.

Nächste Schritte und Zeitplan
Um die formelle Annahme durch das Europäische Parlament noch vor dem Legislaturwechsel zu ermöglichen, stimmte das Parlament über die vorläufige Textfassung des Triloges ab, ohne dass die nötige Überprüfung und ggfs. Berichtigung durch den sprachjuristischen Dienst vorgelegen hat. Die Berichtigung des sprachjuristischen Dienstes erfolgt zum Beispiel hinsichtlich Tippfehlern, der Vereinheitlichung von Begriffen, der Kongruenz von Fristen sowie der Richtigkeit der Übersetzungen in die 24 Amtssprachen der EU. Die Überprüfung wird voraussichtlich über den Sommer vorgenommen werden und anschließend wird der redigierte Text in der neuen Legislaturperiode dem neuem EP vorgelegt. Die berichtigte Version gilt als angenommen, wenn nicht innerhalb von 24 Stunden seit Bekanntgabe von einer Fraktion oder von 5% der Abgeordneten beantragt wird, dass sie zur Abstimmung gestellt werden soll. Wird die Berichtigung bei der Abstimmung nicht angenommen, wird sie an den für das Dossier federführenden Umweltausschuss überwiesen, der eine geänderte Berichtigung vorschlagen kann (Art. 203 Abs. 3 i.V.m. Art. 241 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments). Die inhaltliche Position des Parlaments ist trotz des dargestellten nachträglichen Korrigendumverfahrens zu sehr weiten Teilen gesichert. Die formelle Abstimmung im Plenum vor dem Legislaturwechsel diente gerade der inhaltlichen Positionssicherung des Parlaments vor dem Legislaturwechsel. Dennoch ist es möglich, dass das neue Parlament hinsichtlich der sprachjuristischen Prüfung erneut Lobbytätigkeiten ausgesetzt sein wird, insbesondere weil kleine sprachliche Anpassungen gelegentlich doch große Auswirkungen haben könnten.   

Der Rat wird voraussichtlich Ende 2024 über die (berichtigte Fassung der) politische(n) Einigung abstimmen. Hinsichtlich der Frage der Terminierung – die Verpackungsverordnung muss hierzu auf die vorläufige Tagesordnung gesetzt werden – hat der Ratsvorsitz (ab Juli 2024 Ungarn) die Initiative. Allerdings kann auf Antrag eines Mitgliedstaats oder der Kommission und mit einfacher Mehrheit die Verpackungsverordnung auch als weiterer Tagesordnungspunkt in die endgültige Tagesordnung aufgenommen werden; wird der Antrag auf Aufnahme in die Tagesordnung nicht fristgerecht gestellt, müssen die Ratsmitglieder einstimmig über die Aufnahme in die endgültige Tagesordnung entscheiden.

Erst nach der formellen Annahme durch den Rat kann der Verordnungstext im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden, um dann nach 18 Monaten unmittelbar in Kraft zu treten. Die Abstimmung im Rat erfolgt voraussichtlich Ende 2024. Dabei sprechen einige Aspekte für die formelle Annahme der politischen Einigung auch im Rat: bereits der Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten hatte Mitte März 2024 für die Einigung gestimmt. Lediglich Malta und Österreich hatten sich bei der Abstimmung enthalten, weil sie der Verpackungsverordnung von Anfang an sehr kritisch gegenüberstanden. Auch der Ständige Vertreter Deutschlands stimmte für die Verordnung, obwohl sich einzelne FDP-Politiker/Ministerien kurz vor der Abstimmung kritisch geäußert hatten und es Medienberichte darüber gab, dass der FDP-Vorsitzende, Bundesfinanzminister Christian Lindner, einen „Deal“ mit Italien geschlossen habe, wonach Deutschland sich im Rat bei der Abstimmung über die Verpackungsverordnung der Abstimmung enthalten – und die Verordnung so quasi ablehnen – würde, wenn Italien im Gegenzug seine Zustimmung zur Richtlinie über die unternehmerische Sorgfaltspflicht im Bereich der Nachhaltigkeit (corporate sustainability due diligence directive – CSDD) verweigern würde. Die FDP-Bundestagsfraktion hatte indes Unterstützung für die Einigung zur Verpackungsverordnung signalisiert. Zudem sorgte die belgische Ratspräsidentschaft bis zuletzt für möglichst gangbare Kompromisse, was ein plötzliches „Nein“ durch die Mitgliedstaaten diplomatisch erschwert und zumindest ihre Vertrauenswürdigkeit in Frage stellen würde.

 

Download BDE/VOEB Europaspiegel Mai 2024

Vera Greb

Europareferentin für Abfall- und Umweltrecht